Pressemitteilung 17/2024 vom 07.11.2024
Investment-Betrug im Netz: Konzertierte Aktion gegen Täternetzwerk auf Zypern und in Berlin
Bamberg/Amberg/Berlin/Zypern.
Am 05. November wurden nach umfangreichen Ermittlungen der Zentralstelle
Cybercrime Bayern sowie der Kriminalpolizeiinspektion (KPI) Amberg auf Zypern
und in Deutschland in einer konzertierten Aktion vier Beschuldigte festgenommen
und zahlreiche Objekte durchsucht. Es konnten umfangreiches Beweismaterial und auch
Vermögenswerte sichergestellt werden.
Am 05. November wurden unter Leitung der Zentralstelle Cybercrime Bayern in Deutschland und auf Zypern insgesamt 13 Objekte (überwiegend Privatanschriften, z. T. auch Geschäftsräume) durchsucht. Der Schwerpunkt der von Eurojust koordinierten und begleiteten Operation lag auf der zyprischen Hafenstadt Limassol und Berlin. An den Durchsuchungsmaßnahmen auf Zypern nahmen neben einer Staatsanwältin und einem Staatsanwalt sowie zwei IT-Forensikern der ZCB fünf Polizeibeamte aus der Oberpfalz teil. Auch Europol war in die Maßnahmen eingebunden und leistete vor Ort Unterstützung.
Die polizeilichen Ermittlungen werden zentral durch die KPI Amberg geführt. Eine Geschädigte aus dem Zuständigkeitsbereich der KPI Amberg hatte Ende 2023 Anzeige erstattet, nachdem sie im Oktober/November 2023 auf der Investment-Plattform Halder-Bay einen Betrag von mehr als 30.000 EUR investiert hatte, ihre vermeintlichen Gewinne aber nicht ausgezahlt bekam. In Anbetracht der professionellen Täterstrukturen und des sich abzeichnenden erheblichen Ermittlungsaufwands wurde in Amberg Anfang 2024 eine eigene Ermittlungsgruppe eingerichtet.
Gegen die Tätergruppierung wird seitdem wegen gewerbsmäßigen Bandenbetruges nach dem Modus Operandi des sog. Cybertradings ermittelt. Bei diesem in den vergangenen Jahren sehr häufig anzutreffenden Kriminalitätsphänomen beraten angebliche Finanzexperten ihre potenziellen Opfer über vermeintlich lukrative Anlage- und Finanzprodukte, überwiegend im Zusammenhang mit Kryptowährungen, und verleiten dadurch zur Geldanlage. Tatsächlich werden die Einzahlungen der Anleger jedoch nie (gewinnbringend) investiert. Über unterschiedlichste Plattformen und Websites wird gegenüber den Opfern die Illusion eines existierenden Accounts aufrechterhalten. Dort werden den Geschädigten durch vermeintlich erfolgreiche Trades Gewinne vorgetäuscht, um weitere Investitionen zu generieren. Am Ende des häufig monatelangen Kontakts steht die bittere Erkenntnis, dass das gesamte Investment verlustig gegangen ist.
Die Tätergruppierung, gegen die sich die operativen Maßnahmen am 05. November richteten, soll nach den bisherigen Ermittlungsergebnissen bereits seit jedenfalls August 2022 bis in die jüngste Vergangenheit mindestens 13 solcher betrügerischer Trading-Plattformen im Internet betrieben haben (z. B. Halder-Bay, Advancia, Avanchie, Bitdach, Wega-Bay). Auf den Websites dieser Betrugsplattformen wurden häufig vermeintliche Geschäftsanschriften in Deutschland angegeben, zum Teil kam es auch zum Identitätsmissbrauch von seriösen Unternehmen. Von der Finanzaufsicht BaFin wurde in der Vergangenheit vor vielen Plattformen, die der Gruppierung zuzurechnen sind, gewarnt.
Der von der Tätergruppierung angerichtete Schaden ist erheblich. Derzeit liegen der Zentralstelle Cybercrime Bayern Anzeigen von etwa 170 Geschädigten aus Deutschland vor. Der gegenwärtig bekannte Gesamtschaden beträgt ungefähr 10 Millionen Euro. Es ist allerdings von einem beträchtlichen Dunkelfeld und damit von einer Vielzahl weiterer Fälle auszugehen. In zahlreichen Fällen liegt der Schaden im fünf- oder sechsstelligen Bereich. Den mit Abstand höchsten Einzelschaden erlitt ein Investor aus Nordrhein-Westfalen; er wurde binnen eines Monats um einen Betrag von insgesamt 3.320.082 EUR betrogen.
Die konzertierte Aktion gegen die sehr konspirativ operierende Gruppierung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden auf Zypern und in Deutschland. In Berlin wurden die bayerischen Ermittler insbesondere durch zahlreiche Beamte des Landeskriminalamts Berlin und der Polizeidirektion 5 (City) tatkräftig unterstützt. Den Maßnahmen in der deutschen Hauptstadt waren zum Teil monatelange verdeckte Maßnahmen durch Berliner Kräfte vorausgegangen.
In Niedersachsen wurde am 05. November ebenfalls ein Privatanwesen durchsucht; hier wurden die Amberger Beamten durch Kollegen des zuständigen Fachkommissariats des Zentralen Kriminaldienstes der Polizeiinspektion Lüneburg unterstützt.
In Berlin konnten zwei Haftbefehle des Amtsgerichts Bamberg erfolgreich vollzogen werden. Parallel wurden zwei weitere Beschuldigte auf Zypern aufgrund entsprechender Europäischer Haftbefehle festgenommen. Bei den vier Männern handelt es sich um deutsche Staatsangehörige im Alter zwischen 26 und 39 Jahren. Nach den bisherigen Ermittlungen sind sie dringend verdächtig, in unterschiedlichen Funktionen an dem lukrativen Betrugsmodell mitgewirkt zu haben, z. B. als Logistiker in Berlin oder als Teil des Managements auf Zypern. An Vermögenswerten konnten u.a. Bargeld, Luxusuhren und zwei werthaltige Fahrzeuge sichergestellt werden.
Im Mittelpunkt der Arbeit der bayerischen Ermittler stehen nun die Sichtung und Analyse des umfangreichen elektronischen Beweismaterials. Es zeichnet sich ab, dass die Ermittlungen in Anbetracht der Komplexität der Täterstrukturen noch längere Zeit in Anspruch nehmen werden.