Pressemitteilung 532 vom 01.08.14
Die umfallende Tür
Zur Verkehrssicherungspflicht von Handwerkern
Kurzfassung:
Die Klägerin wurde als Raumpflegerin durch eine angelehnte Tür, die beim zur Seite Schieben umfiel, verletzt. Die Klage der Raumpflegerin gegen den Handwerker, der die Tür ausgehängt hatte, blieb erfolglos.
Sachverhalt:
Die Klägerin ist Raumpflegerin in einem Kindergarten. Der Beklagte führte als Handwerker dort Baumaßnahmen durch. Der Beklagte oder einer seiner Mitarbeiter hatten die Zugangstür zu einem Waschraum ausgehängt und im Waschraum an die Wand neben dem Eingang angelehnt. Die Klägerin wollte den Waschraum reinigen. Die Tür einer Toilettenkabine war durch die an die Wand gelehnte Tür blockiert. Daraufhin wollte die Klägerin die angelehnte Tür zur Seite schieben. Dabei fiel die Tür um und der Klägerin auf den Arm. Daraufhin stürzte die Klägerin und geriet teilweise unter die Tür. Später wurde im Krankenhaus ein Bruch des linken Oberarmes diagnostiziert und die Klägerin war etwa 5 ½ Monate krankgeschrieben.
Die Klägerin meinte, der Handwerker hätte ihren Unfall verursacht. Deswegen verlangte sie 5.000,00 Euro Schmerzensgeld und über 3.000,00 Euro weiteren Schadenersatz.
Der beklagte Handwerker war der Meinung, dass er durch das Aushängen der Tür seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt hätte.
Gerichtsentscheidung:
Das Gericht wies die Klage ab.
Seiner Entscheidung stellte das Gericht den Grundsatz voran, dass es kein allgemeines Gebot gebe, andere Personen vor Selbstgefährdungen zu schützen. Im konkreten Fall verneinte das Landgericht eine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht. Das Aushängen einer Tür im Rahmen von Bauarbeiten stellt kein sorgfaltswidriges Verhalten an. Die ausgehängte und danach angelehnte Tür ist für sich alleine keine Gefahrenquelle. Die Tür war sachgemäß aufgestellt und drohte nicht von alleine umzufallen. Gefährlich wurde die Situation erst dadurch, dass die Klägerin versucht hatte, die Tür zur Seite zu schieben und dann die Kontrolle verlor. Die Klägerin hat mit dieser Handlung eine eigene Gefahr für sich selbst geschaffen, so dass eine Haftung des beklagten Handwerkers ausscheidet.
Zwar kann ausnahmsweise auch eine Haftung bei sorgfaltswidrigem Verhalten des Geschädigten anerkannt werden, wenn das Fehlverhalten des Geschädigten vorhersehbar ist und nahe liegt. Dann muss aber noch hinzukommen, dass der Geschädigte die Gefahr nicht selbst erkennen oder steuern kann. Im vorliegenden Fall durfte der Handwerker davon ausgehen, dass jemand, der die angelehnte Tür bewegen möchte, selbst Vorkehrungen zu seinem eigenen Schutz trifft.
Da der Handwerker keine Pflichtverletzung begangen hatte, war die Klage abzuweisen.
Fazit:
Grundsätzlich entstehen Verkehrssicherungspflichten, wenn jemand eine Gefahrenlage für Dritte erschafft oder andauern lässt. Er hat dann Vorkehrungen zu treffen, die erforderlich und zumutbar sind, um Schädigungen nach Möglichkeiten zu vermeiden. Für unvorhersehbare Schädigungen oder Schädigungen aufgrund eigenen Verhaltens haftet der Geschädigte jedoch selbst.
(Landgericht Coburg, Urteil vom 04.03.2014, Az. 22 O 619/13; rechtskräftig)