Pressemitteilung 1 vom 21.01.2021
Kein pflichtwidriges Handeln der Bundesrepublik bei Genehmigung der vom sog. Diesel-Skandal betroffenen Fahrzeugtypen
Die 11. Kammer des Landgericht München II hat gestern in sechs ähnlich gelagerten Fällen Amtshaftungsklagen gegen die Bundesrepublik Deutschland jeweils die Klagen abgewiesen. Nach Ansicht der Kammer unter der Vorsitzenden Richterin Christiane Karrasch liegt in den zugrundeliegenden Sachverhalten weder ein Amtshaftungsanspruch noch ein EU-rechtlicher Staatshaftungsanspruch vor.
Die Kläger wollten erreichen, dass die Bundesrepublik Deutschland umfassend für alle möglichen Schäden einstehen sollte, die ihnen aufgrund ihrer vom sog. Dieselskandal betroffenen Fahrzeuge eventuell noch entstehen würden. Dabei hatten sie sich mit den Herstellern bereits verglichen bzw eine endgültige Entscheidung in den Streitigkeiten mit VW und Audi steht noch aus. Der Vorwurf: die Bundesrepublik habe eine EU Richtlinie (2007/46 EG) nicht unzureichend umgesetzt, so hätte sie zB für Verstöße so erhebliche Bußgelder oder Strafen androhen müssen, dass die Hersteller aus Angst vor den Sanktionen ihre Manipulationen unterlassen hätten. Außerdem habe sie durch das Kraftfahrt-bundesamt bei der Erteilung der Typengenehmigung „geschlampt“, indem das KBA die Vorgänge bei den Herstellern fehlerhaft überwacht bzw leichtfertig die Typen-genehmigung erteilt hätten.
Das Landgericht hat dem nun sehr umfassend eine Absage erteilt: die Bundes-republik war nämlich aufgrund europäischer Vorschriften verpflichtet, die Typen-genehmigung, die in diesem Fall durch das Land Luxemburg erteilt worden war, anzuerkennen. Die Kläger konnten jeweils auch nicht hinreichend nachvollziehbar und überprüfbar darlegen, wie das KBA die illegalen Abschalteinrichtungen hätte erkennen können. Das Gericht führte hierzu aus: „Eine Verpflichtung des Herstellers zur Offenlegung des Source Codes der Motorsteuerung besteht nicht. Es ist gerade das Kennzeichen einer heimlichen Manipulation, dass diese so stattfindet, dass man sie grundsätzlich mit einfachen Mitteln nicht erkennt. Auf die Differenzen zwischen dem Realbetrieb und dem Prüfstandbetrieb kann es vorliegend gerade nicht ankommen, da die entsprechende VO 715/2007 gerade keine Realbetriebsemissionen den entsprechenden Emissionsklassen zugrunde legt.“
Hinzu kam noch ein zivilprozessuales Problem: die Kammer war der Ansicht, dass die Kläger ihre behaupteten Schadensersatzansprüche auch genau beziffern hätten können, anstatt sich auf vage eventuelle zukünftige Nachteile zu beziehen, z.B. die Sorge, Steuern nachzahlen zu müssen.
Bei der für Amtshaftungsklagen gegen die Bundesrepublik Deutschland und den Freistaat Bayern zuständigen 11. Zivilkammer sind noch weitere 19 Verfahren wegen vergleichbarer Sachverhalte anhängig. Mit Verhandlung und Entscheidung kann in den nächsten Monaten gerechnet werden.
(Az 11 O 1736/20 u.a., nicht rechtskräftig)