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Landgericht München II

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 4 vom 23.09.2024

Ahrtal

Das Landgericht München II hat am 20. September 2024 in dem Verfahren Az. 14 O 3190/22 Pre ein Endurteil verkündet, mit dem das Versäumnisurteil vom 25. Juli 2023 zum Teil aufrechterhalten wurde und zum Teil aufgehoben wurde. 

Die Parteien stritten um Äußerungen im Internet. Der Kläger trat im Zusammenhang mit dem Flutereignis im Juli 2021 im Ahrtal im Rahmen von Berichterstattungen in den Medien in die öffentliche Wahrnehmung und postete auf einer Social Media Plattform auch selbst Beiträge im Zusammenhang mit diesem Flutereignis. Die Beklagte äußerte sich dazu in Social Media, Podcasts und auf einer von ihr betriebenen Internetseite. Der Kläger greift einige dieser Äußerung an. Im Termin am 18. Juli 2023 war für die Beklagte niemand erschienen. Das Landgericht München II erließ daraufhin am 25. Juli 2023 ein Teil-Versäumnis- und Teil-Endurteil, dessen Tenor in einer Pressemitteilung des Landgerichts München II veröffentlicht wurde. Nach zulässigem Einspruch der Beklagten wurde das Verfahren in den Stand vor der Säumnis versetzt und am 28. Mai 2024 mündlich zur Sache verhandelt. 

Nun hat die 14. Zivilkammer mit Endurteil vom 20. September 2024 entschieden: Hinsichtlich einiger vom Kläger angegriffenen Äußerungen der Beklagten wurde das Teil-Versäumnisurteil aufrechterhalten. Es handelte sich zum einen um Äußerungen der Beklagten, die als Schmähkritik bzw. Formalbeleidigung zu werten waren (Zitat: „arme Wurst“, „Wicht“, „Hanswurst“ und „Würstchen“). Zum anderen handelte es sich um Äußerungen, die als unwahre Tatsachenbehauptung zu behandeln waren oder einen unwahren Tatsachenkern enthielten (Zitat: „[…] W. […] hat uns schon bedroht.“ und „[…] Ihnen waren diese Leute recht, um tief ins Leben anderer einzudringen – jeden zu kriminalisieren, der Sie kritisiert. Bis in Privateste hinein zu verfolgen und Menschen dazu anzustiften, es auch zu tun. […]“)]. Insoweit steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Unterlassungsanspruch entsprechend § 1004 Absatz 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit § 823 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch und Artikel 2 Absatz 1, Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz zu. 

Im Übrigen hat das Gericht das Teil-Versäumnisurteil aufgehoben, weil ein Unterlassungsanspruch im Hinblick auf die weiteren vom Kläger angegriffenen Äußerungen nicht besteht. Die Äußerungen wurden als Meinungsäußerungen eingeordnet oder als Vermengung von Meinungsäußerungen mit einer Tatsachenbehauptung. Es war eine Abwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Klägers und der Meinungsfreiheit der Beklagten vorzunehmen. Hierzu war zunächst jeweils die Bedeutung der Aussagen objektiv festzustellen und nicht das anzunehmen, was die Parteien ihnen unterstellten. Bei der Gesamtabwägung war unter anderem zu berücksichtigen, dass der Kläger sich mit seinen politischen Ansichten freiwillig in die Öffentlichkeit begeben hatte. Er beansprucht für sich entsprechend öffentliche Aufmerksamkeit. Des Weiteren war von Bedeutung, ob die Äußerungen auf objektive Anknüpfungstatsachen zurückgeführt werden konnten, was seitens des Gerichts zum Teil aufgrund weiteren Sachvortrags bejaht wurde. Daher überwog das Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung das Persönlichkeitsrecht des Klägers hinsichtlich dieser Äußerungen.

Der Ausspruch einer Geldentschädigung wurde ebenfalls aufgehoben, da ein ausgesprochen schwerwiegender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Klägers nach aktueller Sachlage nicht mehr anzunehmen war.

Das Endurteil ist nicht rechtskräftig, weil Rechtsmittel eingelegt werden können. 

Verfasserin der Pressemitteilung: 
Dr. Andrea Kürten, Pressesprecherin