Pressemitteilung 53 vom 16.12.2019
Strafverfahren gegen Mary B. und God I. wegen Totschlags u.a. (Tötung einer Neugeborenen)
In dem o.g. Verfahren gegen die Angeklagte Mary B. (29) und God I. (30) hat das Schwurgericht des Landgerichts München II heute das Urteil gesprochen.
Die Angeklagte Mary B. wurde wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von 10 Jahren verurteilt. Der Angeklagte God I. wurde wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.
Die beiden aus Nigeria stammenden Angeklagten unterhielten eine eheähnliche Beziehung. Sie lebten zuletzt überwiegend zusammen in der Unterkunft der Mary B. in Otterfing. Am 09.06.2018 brachte die Angeklagte Mary B. ohne fremde Hilfe die gemeinsame Tochter Gift B. in einer Gemeinschaftstoilette des von ihr bewohnten Anwesens zur Welt. Das Neugeborene wurde aus dem Krankenhaus am 24.09.2018 gesund entlassen.
Das Gericht sah als erwiesen an, dass die Angeklagte Mary B. in der Nacht vom 26.09.2018 auf den 27.09.2018, zwischen 01.00 Uhr und vor 04:00 Uhr ihr Neugeborenes massiv schüttelte und schlug. Nach den Feststellungen des Schwurgerichts trug die Neugeborene Gift B. Brüche an beiden Armen und Beinen sowie den rückwärtigen Rippen davon. Durch die gegen den Kopf geführten heftigen Schläge erlitt das Neugeborene zudem Schädelbrüche und eine Hirnblutung, an deren Folgen es schließlich verstarb.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass der Angeklagte God I. spätestens aufwachte, als die Mitangeklagte Mary B. dem Neugeborenen die letzten schweren Schläge gegen den Kopf versetzte, jedoch nicht mehr körperlich eingreifen konnte. Nach den Feststellungen in der Beweisaufnahme erkannte der Angeklagte God I. aber, dass die Atmung des Neugeborenen immer schwächer wurde. Zur Überzeugung des Gerichts unternahm der Angeklagte God I. aber nichts, um für das schwer verletzte Neugeborene, das noch ca. 30 Minuten lebte, ärztliche Hilfe herbeizuholen.
Im Rahmen der Beweisaufnahme war für das Gericht nicht sicher zu klären, ob das Neugeborene noch zu retten gewesen wäre, wenn der Angeklagte God I. den Notarzt früher verständigt hätte. Das Gericht verurteilte den Angeklagten auf Grundlage dieser Feststellungen wegen versuchten Totschlags durch Unterlassen.
Zugunsten der Angeklagten Mary B. wertete das Schwurgericht den Umstand, dass sich die Angeklagte spontan zu der Tat hinreißen ließ, weil das Neugeborene in dieser Nacht sehr unruhig war. Zugunsten der Angeklagten berücksichtigte das Schwurgericht deshalb, dass es der Angeklagten bei der Tatausführung nicht darauf ankam, ihr Neugeborenes zu töten.
Zulasten der Angeklagten Mary B. wertete das Schwurgericht insbesondere, dass die Angeklagte mehrfach und massiv mit erheblicher Gewalt auf das in ihrer Obhut stehende Neugeborene einwirkte.
Bei der Bemessung der Freiheitsstrafe des Angeklagten God I. ging das Schwurgericht von einem minder schweren Fall des Totschlags aus. Das Schwurgericht berücksichtigte dabei den Umstand, dass der Angeklagte in einer nächtlichen Überlastungssituation spontan den Entschluss fasste, von der Verständigung des Rettungsdienstes abzusehen. Strafmildernd berücksichtigte das Gericht, dass der nicht vorbestrafte Angeklagte den schlechten Zustand des Neugeborenen erst bemerkte, als eine Rettung auch bei sofortigem Eintreffen des Rettungsdienstes kaum mehr zu erwarten war.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Den Angeklagten und der Staatsanwaltschaft München II steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.
Mit freundlichen Grüßen
Florian Gliwitzky
Richter am Oberlandesgericht
Leiter der Justizpressestelle bei dem Oberlandesgericht München