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Oberlandesgericht München

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Pressemitteilung 70 vom 06.12.2023

Landgericht München I: Strafverfahren gegen Srecko S. wegen des Verdachts des Mordes

Das Landgericht München I – Schwurgericht – hat heute den Angeklagten wegen des Mordes an seiner getrennt von ihm lebenden Ehefrau sowie wegen des unerlaubten Besitzes einer Schusswaffe verurteilt und gegen ihn eine lebenslange Freiheitsstrafe verhängt.

Nach den Feststellungen der Kammer unter dem Vorsitz von Elisabeth Ehrl hat der Angeklagte im Jahr 2015 seine getrennt von ihm lebende Ehefrau in seiner Wohnung erschossen. Die Getötete hatte 2011 den Entschluss gefasst, sich von dem Angeklagten zu trennen, war aber zunächst wieder zu ihm zurückgekehrt. Der Angeklagte übte in der Ehe psychische Gewalt gegenüber der später Getöteten aus. Im Jahr 2015 entschloss sich die Geschädigte erneut zur Trennung und setzte diese Entscheidung diesmal auch um und zog mit der ältesten Tochter in die Wohnung ihrer Mutter in Augsburg. Der Angeklagte habe diesen Trennungswunsch nicht akzeptieren wollen.

Der Angeklagte und die Geschädigte blieben aufgrund der insgesamt fünf gemeinsamen Kinder in Kontakt. Am Abend vor der Tat hätten sie verabredet, die Nacht gemeinsam in München zu verbringen und am Folgetag einen Ausflug mit allen Kindern zu unternehmen. Dies änderte allerdings nichts am Trennungswunsch der Geschädigten. Auch habe der Angeklagte keinen Anlass gehabt, eine Abänderung des Trennungswunsches anzunehmen.

Der Angeklagte habe im Laufe des Abends dann eine Kommunikation mit einem Bekannten der Getöteten gesehen. Hierauf habe der eifersüchtige Angeklagte mit übersteigertem Besitzdenken reagiert. Er habe den Trennungswunsch nach wie vor nicht akzeptiert, obwohl ihm klar gewesen sei, dass die Geschädigte frei über ihr Leben entscheiden durfte. Auch sei ihm klar gewesen, dass er durch sein Verhalten maßgeblich zum Scheitern der Ehe beigetragen habe. Daraufhin habe er den spontanen Entschluss gefasst, die Geschädigte mit seiner Pistole zu töten. Sodann habe er die Waffe auf die Geschädigte gerichtet und das Mobiltelefon in die andere Hand genommen. Er habe die Pistole auf die Schläfe der Geschädigten gesetzt und habe einen Schuss abgefeuert. Dieser Kopfdurchschuss sei unmittelbar tödlich gewesen. Anschließend habe der Angeklagte beschlossen, einen Suizid vorzutäuschen und habe der Getöteten eine Patrone in die Hand gelegt und die  Tatwaffe am Boden abgelegt.  

Nach zwölf Tagen Hauptverhandlung war das Gericht von diesem Sachverhalt überzeugt. Den Angaben des Angeklagten folgte das Schwurgericht nicht. Der Angeklagte habe verschiedene Versionen zu dem Geschehen erfunden; zunächst habe er berichtet, dass die Getötete sich allein im Zimmer umgebracht habe. Anschließend gab er an, dass seine Ehefrau sich in seiner Anwesenheit getötet habe, um schließlich zu behaupten, dass der tödliche Schuss im Rahmen eines Gerangels um die Waffe abgegeben worden sei. Einen Suizid schloss die Kammer aus. Auch habe es keine objektiven Anzeichen für ein Gerangel gegeben. Der Angeklagte habe die Gelegenheit und ein Motiv für die Tatbegehung gehabt.

Rechtlich würdigte das Schwurgericht die Tat als Mord aus niedrigen Beweggründen. Der Angeklagte habe die Geschädigte absichtlich getötet. Die besondere Verwerflichkeit der Tatmotivation sah die Kammer darin, dass der Angeklagte aus einem übersteigerten Besitzwillen heraus die Trennungsentscheidung der Getöteten nicht akzeptierte.

Die Sache wurde bereits zum zweiten Mal verhandelt. Nach einer ersten Hauptverhandlung in den Jahren 2021/2022 war der Angeklagte lediglich wegen eines Waffendelikts zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Auf Revision der Staatsanwaltschaft hatte der Bundesgerichtshof das Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht München I zurückverwiesen.

Aufgrund einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung ordnete das Gericht an, dass drei Monate der Strafe als vollstreckt gelten.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Verteidigung und der Staatsanwaltschaft München I steht das Rechtsmittel der Revision zum Bundesgerichtshof offen, das binnen einer Woche ab heute eingelegt werden müsste.

 

Dr. Laurent Lafleur
Leiter der Pressestelle für Strafsachen
Richter am Oberlandesgericht