Pressemitteilung vom 28. Februar 2019 Nr. 9/2019
Landgericht Nürnberg-Fürth: Urteil im „Ringer-Streit“ verkündet
Der Vorsitzende der 19. Zivilkammer, Dr. Rainer Beisenwenger, hat heute in dem u. a. zwischen der Deutschen Ringerliga (Klägerin zu 1) und dem Deutschen RingerBund (Beklagter zu 1) geführten Rechtsstreit u. a. darüber, ob die Sperre für internationale Wettbewerbe von Sportlern, welche für Mannschaften der Deutschen Ringerliga antreten, zulässig ist, folgendes Endurteil verkündet:
1. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, zu vollstrecken am Präsidenten des Beklagten zu 1), zu unterlassen, gegenüber nationalen oder internationalen Ringkämpfern im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Sanktionen wegen einer Entscheidung, an Sportveranstaltungen des Klägers zu 1) teilzunehmen und/oder mit dem Kläger zu 1) zu kooperieren und/oder für die Kläger zu 2) bis 6) im Mannschaftsringkampf zu starten, direkt oder indirekt anzudrohen und/oder zu verhängen, insbesondere
a) die nationalen Ringkämpfer im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland
I.) von der Nominierung in die Nationalmannschaft des Beklagten zu 1) und/oder zu internationalen Ringwettkämpfen, insbesondere Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen, auszuschließen und/oder ihnen mit einem solchen Ausschluss zu drohen oder
II.) für solche Veranstaltungen in der Organisationseinheit des Beklagten zu 1) zu sperren, die für die unter aa) genannte Nominierung oder Teilnahme Voraussetzung sind,
wenn die nationalen Ringkämpfer an einer Veranstaltung im Mannschaftsringkampf des Klägers zu 1) ringen;
b) die nationalen Landesringkampfverbände im räumlichen Gebiet der Bundesrepublik Deutschland aufzufordern, die von dem Beklagten zu 2) ausgesprochenen Sperren gegen Sportler wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) durchzusetzen, insbesondere die Einzel- und Mannschaftsstartberechtigungen folgender Sportler für die Dauer der Sperren zu widerrufen und einzuziehen: …
2. Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, es bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu einer Höhe von 250.000,00 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monate, zu vollstrecken am Präsidenten des Beklagten zu 2), zu unterlassen, gegenüber nationalen oder internationalen Ringkämpfern in der Organisationseinheit der Beklagten zu 2) Sanktionen wegen einer Entscheidung, an Veranstaltungen im Mannschaftsringkampf des Klägers zu 1) teilzunehmen und/oder mit dem Kläger zu 1) zu kooperieren und/oder für die Kläger zu 2) bis 6) im Mannschaftsringkampf zu starten, direkt oder indirekt anzudrohen und/oder zu verhängen, insbesondere
a) die nationalen und internationalen Ringkämpfer für Veranstaltungen in der Organisationseinheit des Beklagten zu 2) zu sperren, insbesondere von in-ternationalen Wettkämpfen, wie Europa- und Weltmeisterschaften sowie Olympischen Spielen auszuschließen und/oder mit einem solchen Ausschluss zu drohen, weil die nationalen oder internationalen Ringkämpfer an einer Veranstaltung im Mannschaftsringen des Klägers zu 1) ringen;
b) die nationalen Ringkampfverbände in der Organisationshoheit des Beklagten zu 2) aufzufordern, die von dem Beklagten zu 2) wegen der Teilnahme an Veranstaltungen des Klägers zu 1) ausgesprochenen Sperren gegen Sportler durchzusetzen, insbesondere gegen die bereits gesperrten nachfolgenden Sportler: …
3. Der Beklagte zu 1) wird verpflichtet, die Sperren des Bundesrechtsausschusses I. Instanz des Deutschen Ringer-Bundes e.V. gegen nachfolgenden Sportler aufzuheben: …
4. Der Beklagte zu 2) wird verpflichtet, die Sperren der Disciplinary Chamber der United World Wrestling vom 02.02.2018 gegen nachfolgende Sportler aufzuheben:…
5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
6. Die Beklagten haben jeweils von den Kosten der Kläger und den Gerichtskosten 50 % zu tragen. Im Übrigen tragen die Beklagten ihre jeweiligen Kosten selbst.
7. (Vorläufige Vollstreckbarkeit)
Hintergrund des Rechtsstreites, in welchem die Kläger kartellrechtliche Unterlassungsansprüche im Zusammenhang mit der Durchführung von Wettkämpfen im Ringersport geltend machen, ist folgendes:
Der Kläger zu 1), die „Deutsche Ringerliga“, ist ein eingetragener Verein mit dem Ziel, einen selbstverwalteten Liga-Betrieb im Mannschaftsringen durchzuführen. Die weiteren fünf Kläger sind einzelne Mannschaften, welche in der deutschen Ringerliga antreten.
Bei dem Beklagten zu 1) handelt es sich um den Deutschen Ringer-Bund, welcher die Sportart Ringen im Weltsportverband vertritt. Der Deutsche Ringer-Bund veranstaltet unter anderem die Deutsche Meisterschaft. Darüber hinaus wurde der Weltverband im Ringen (Beklagter zu 2) verklagt, welcher unter anderem die Sportart Ringen im Internationalen Olympischen Komitee vertritt.
Der Deutsche Ringer-Bund belegte im Jahr 2017 insgesamt neun Sportler mit Sperren, weil diese an Wettkämpfen der Deutschen Ringerliga teilgenommen hatten. Der Weltverband sperrte 2018 für die Dauer von einem Jahr insgesamt neun Sportler (die teilweise mit denjenigen identisch sind, welche der Deutsche Ringer-Bund mit einer Sperre belegt hatte) u. a. für internationale Meisterschaften sowie jeglichen internationalen Wettkampf. Die klagende Ringerliga sowie die klagenden Mannschaften sind der Meinung, dass der Deutsche Ringer-Bund und der Weltverband ihre marktbeherrschende Stellung missbräuchlich ausnutzen.
Mit ihrer Klage verfolgen die Kläger das Ziel, dass die Beklagten künftig keine Sanktionen mehr gegen Sportler verhängen, welche an Sportveranstaltungen der Deutschen Ringerliga teilnehmen, und darüber hinaus die bereits verhängten Sperren aufheben.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat die Ansprüche der Kläger im Kern wegen deren unbilliger Behinderung bejaht. In der mündlichen Urteilsbegründung führte der Vorsitzende aus, dass beide Beklagte eine marktbeherrschende Stellung innehätten und mit den Klägern im Wettbewerb stünden. Durch die Sperren bzw. die Androhung von Sperren seien die Kläger unbillig behindert worden. Zentral käme es darauf an, ob die Behinderung „unbillig“ sei. Bei der vorzunehmenden Abwägung habe die Kammer keine relevanten legitimen Zwecke für die Sperren erkannt. Wirtschaftliche Aspekte seien dabei nicht maßgeblich. Darüber hinaus würden die Verbandsstatuten keine präzisen Regelungen enthalten, welche für die Sportler vorausschaubare Folgen festlegen. Teilweise wurde die Klage wegen zu weit gefasster Anträge abgewiesen. Die Kammer hat den Beklagten jedoch die gesamten Kosten des Rechtsstreits auferlegt.
Die Entscheidung wird in den kommenden Tagen den Beteiligten zugestellt werden. Zu den Entscheidungsgründen im Einzelnen kann gegenüber den Medien keine Auskunft gegeben werden, bevor nicht die Zustellung des Urteils an sämtliche Beteiligte erfolgt ist. Dies wird jedenfalls eine Woche in Anspruch nehmen.
Landgericht Nürnberg-Fürth, Az. 19 O 1079/18
Friedrich Weitner
Richter am Oberlandesgericht
Justizpressesprecher