Verfahrensübersicht
Die Staatsanwaltschaft Aschaffenburg ist zuständig für Ermittlungs- und Strafverfahren in Stadt und Landkreis Aschaffenburg sowie im Landkreis Miltenberg mit Ausnahme der in diesem Bezirk begangenen Wirtschafts-, Steuer- und Zollstrafsachen sowie Strafsachen nach dem Urheberrechtsgesetz, die von der Staatsanwaltschaft Würzburg bearbeitet werden.
Als Strafvollstreckungsbehörde vollstreckt die Staatsanwaltschaft alle vom Gericht gegen Erwachsene verhängten Strafen, Freiheitsstrafen, Geldstrafen, Maßregeln wie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in einem psychiatrischen Krankenhaus, Fahrverbote, Entziehung der Fahrerlaubnis.
Die Vollstreckung von Strafen und Maßnahmen gegen Jugendliche (Personen von 14 bis 18 Jahren) und Heranwachsende (Personen von 18 bis 21 Jahre) nach Jugendstrafrecht hingegen obliegt den Jugendgerichten.
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Der Verletzte/Geschädigte einer Straftat oder sein Erbe kann gegen den Beschuldigten einen aus der Straftat erwachsenden vermögensrechtlichen Anspruch, der zur Zuständigkeit der ordentlichen Gericht gehört und noch nicht anderweitig gerichtlich anhängig gemacht ist, im Strafverfahren geltend machen (§ 403 Abs. I StPO).
Unter gewissen Voraussetzungen kann sich ein Verletzter auch einem Strafverfahren nach Erhebung der öffentlichen Klage als Nebenkläger anschließen (§ 395 StPO).
Ein Verletzter/Geschädigter einer Straftat kann- gemäß § 406 d StPO Mitteilungen über den Verfahrensausgang und freiheitsentziehenden Maßnahmen gegen den Beschuldigten erhalten,
- gemäß § 406 e StPO Akteneinsicht durch einen Rechtsanwalt beantragen,
- gemäß § 406 f StPO sich eines Rechtsanwalts als Beistand bedienen,
- gemäß § 406 f StPO bei Zeugenvernehmungen eine Vertrauensperson zuziehen,
- gemäß § 395 StPO sich bei bestimmten Delikten dem Verfahren als Nebenkläger/in anschließen,
- gemäß § 406 g, 397 a StPO sich als Nebenklageberechtigter einen Rechtsanwalt bestellen lassen und bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen Prozesskostenhilfe erhalten.
Der Anwalt-Notdienst des Anwaltvereins Aschaffenburg ist rund um die Uhr unter der Telefonnummer 0162/4333590 zu erreichen.
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Eine Geldstrafe wird in Tagessätzen (mindestens fünf und, wenn vom Gesetz nichts anderes bestimmt ist, höchstens 360) verhängt. Die Höhe des Tagessatzes richtet sich nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Täters und soll seinem Nettotageseinkommen entsprechen. An die Stelle einer uneinbringlichen Geldstrafe tritt Freiheitsstrafe, wobei einem Tagessatz ein Tag Freiheitsstrafe entspricht.
In Bayern besteht die Möglichkeit, die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit abzuwenden, wenn die Geldstrafe nicht beigetrieben werden kann. Diese Arbeit muss unentgeltlich sein und darf nicht erwerbswirtschaftlichen Zwecken dienen.
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Das Kriminalpädagogische Schülerprojekt, das in einem Modellversuch in Aschaffenburg mit wissenschaftlicher Begleitung erprobt wird, wurde in Anlehnung an US-amerikanische Teen Courts in behördenübergreifender Zusammenarbeit entwickelt. Es handelt sich um ein innovatives Projekt, bei dem Schülergremien gegen jugendliche Straftäter erzieherische Maßnahmen aussprechen können.
Die Mitwirkung der straffälligen Jugendlichen ist freiwillig. Die Staatsanwaltschaft entscheidet über die Geeignetheit des Falles für das Projekt und berücksichtigt die erzieherische Maßnahme bei ihrer abschließenden Entscheidung.
Die praktische Erprobung des Projekts begann im November 2000. Bislang (Stand: 31.12.2021) hat die Staatsanwaltschaft 1394 Fälle einem Schülergremium zugeleitet. Dieses besteht aus drei Schülerinnen bzw. Schülern, die verschiedenen Aschaffenburger Schulen angehören und für ihre Aufgabe geschult wurden.
Das Schülergremiun tagt unter der Aufsicht einer Sozialpädagogin vom Verein "Hilfe zur Selbsthilfe e. V.". Bei den dem Gremium zugeleiteten Fällen handelt es sich um Ladendiebstahl, Körperverletzung und Fahren ohne Fahrerlaubnis u. a.
In nahezu allen Fällen haben die Täter die mit ihrem Einverständnis festgesetzten erzieherischen Maßnahmen erfüllt, worauf die Staatsanwaltschaft jeweils von der Erhebung einer Anklage absah und das Ermittlungsverfahren einstellte. Als erzieherische Maßnahmen wurden z. B. gemeinnützige Arbeit, ein Entschuldigungsschreiben oder Bastelarbeiten für ein Altenheim vereinbart. Der Modellversuch wurde im Rahmen einer wissenschaftlichen Begleitforschung durch Professor Dr. Schöch, Ludwig-Maximilians-Universität München, mit einer positiven Bilanz evaluiert.
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Leichte und mittelschwere Straftaten von Jugendlichen können episodenhaft bleiben, aber auch ein Warnsignal für das Abgleiten in die Kriminalität bedeuten. Aufgabe der Jugendrechtspflege ist es, jeweils angemessen, orientiert am im Jugendstrafrecht vorherrschenden Erziehungsgedanken und dem Grundsatz der Subsidiarität auf diese Straftaten zu reagieren. § 45 JGG hat dabei in der Praxis eine wichtige Bedeutung. Nach dieser Vorschrift kann die Staatsanwaltschaft von der Strafverfolgung absehen, wenn andere erzieherische Maßnahmen erfolgen, so dass eine Anklage zur Einwirkung auf den jugendlichen Täter nicht mehr geboten erscheint. Solche erzieherischen Reaktionen können durch den Richter, aber auch außerhalb des justiziellen Bereichs erfolgen.
1. Zielsetzung
Inspiriert durch die in den USA bestehenden Teen Courts entstand die Idee, Gremien von Schülern zu schaffen, die derartige Maßnahmen bei Straftaten von Mitschülern durchführen. Dieser Überlegung liegt der Gedanke zugrunde, dass nach den Erfahrungen in den USA Reaktionen auf eine Straftat, die durch Altersgenossen erfolgen, wirkungsvoll jugendliche Straftäter beeinflussen, Einsicht bringen und den Rechtsfrieden wiederherstellen. Einige Straftaten, z. B. Ladendiebstahl, Leistungserschleichung oder Fahren ohne Fahrerlaubnis, sehen Jugendliche nicht selten eher als eine "sportliche Leistung" als einen zu ahndenden Gesetzesverstoß an. Missbilligende Reaktionen durch Gleichaltrige können deshalb auch eine positive Änderung des Unrechtsbewusstseins bewirken. Zudem löst das Projekt an den mitwirkenden Schulen und insbesondere bei den beteiligten Schülern soziale Lerneffekte aus, weil Verantwortung für andere junge Menschen und für die Durchsetzung der Rechtsordnung übernommen wird. Ein weiterer Effekt wäre, dass die an einem solchen Verfahren beteiligten Schüler einen wichtigen Bereich des Jugendstrafrechts aus eigener Anschauung kennenlernen.
Als Zielgruppe des Projekts kommen jugendliche Straftäter im Alter von 14 bis 17 Jahren in Betracht. Voraussetzung ist, dass ein Geständnis des Täters vorliegt und der Sachverhalt geklärt ist. Dabei hängt es wesentlich von der Täterpersönlichkeit ab, ob das Verfahren geeignet ist, so dass eine präzise abschließende Aufzählung nicht möglich ist. Von vorneherein scheiden jugendliche Intensivtäter aus. Geeignet ist das Verfahren für die Straftäter, bei denen in der Praxis in der Regel § 45 Abs. 2 und 3 JGG Anwendung findet.
Nicht ausgeschlossen sind aber auch die Fälle, in denen das vereinfachte Jugendverfahren nach § 76 JGG in Betracht zu ziehen wäre. Denn gerade bei diesem Täterkreis kann es erforderlich sein, durch das Schülergespräch und durch erzieherische Maßnahmen auf das Unrechtsbewusstsein Einfluss zu nehmen. Dabei muss jeweils im Einzelfall entschieden werden, ob das Schülergremium in Anspruch genommen oder das Verfahren beim Jugendrichter anhängig gemacht werden soll.
2. Deliktskatalog
Als Straftaten kommen insbesondere in Betracht:- Diebstahl (§ 242 StGB), auch besonders schwerer Fall des Diebstahls (§ 243 StGB), Unterschlagung (§ 246 StGB), Hehlerei (§ 259 StGB) und Betrug, auch in Tateinheit mit leichten Fällen der Urkundenfälschung, z. B. Preisetikettenaustausch (§§ 263, 267 StGB);
- Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 StVG);
- Missbrauch von Notrufen (§ 145 StGB) und Vortäuschen einer Straftat (§ 145d StGB);
- Sachbeschädigung (§§ 303 ff StGB);
- Körperverletzung (§§ 223, 229 StGB), auch gefährliche Körperverletzung (§ 224 StGB) bei leichtem Angriff und leichten Folgen
- unbefugter Gebrauch eines Fahrzeugs (§ 248b StGB);
- leichte Fälle der Nötigung und Bedrohung (§§ 240, 241 StGB);
- Hausfriedensbruch (§ 123 StGB);
- Beleidigung (§§ 185-187 StGB);
- Erschleichen von Leistungen (§ 265a StGB);
- Verstöße gegen das Pflichtversicherungsgesetz (§§ 1, 6 PflVG).
3. Verfahren
3.1 Polizei
In den Fällen, welche die Polizei nach ihrer Einschätzung für das Projekt geeignet hält, befragt sie Täter und gegebenenfalls Opfer sowie deren gesetzliche Vertreter, ob sie mit der Durchführung einer Maßnahme durch das Schülergremium, der Weitergabe der persönlichen Daten an das Schülergremium und der Zuleitung der Akte an den Verein "Hilfe zur Selbsthilfe e. V." einverstanden sind. Hierfür wird ein Formblatt erstellt, das den Sinn und den Ablauf des Verfahrens kurz darstellt und die beispielhaft in Betracht kommenden erzieherischen Maßnahmen sowie die Einverständniserklärungen enthält. Außerdem wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Durchführung des Verfahrens auf Freiwilligkeit und nicht auf staatlicher Anordnung beruht und dass, auch wenn Einverständnis besteht, die Entscheidung, ob das Verfahren durchgeführt wird, der Staatsanwaltschaft obliegt.
Liegen die Einverständniserklärungen vor, leitet die Polizei den Vorgang mit der Anregung zur Durchführung des Verfahrens der Staatsanwaltschaft zu.
3.2 Staatsanwaltschaft und Verein "Hilfe zur Selbsthilfe e. V."
Hält die Jugendstaatsanwältin/der Jugendstaatsanwalt den Fall für geeignet, übersendet sie/er den Vorgang mit einer kurzen Sachverhaltsdarstellung, der Angabe der verletzten Strafvorschrift und der erforderlichen persönlichen Daten an den Verein "Hilfe zur Selbsthilfe e. V.". Dieser benötigt die Akte, um seine Aufgabe, das Verfahren fachkundig zu begleiten, erfüllen zu können, leitet sie aber nicht an das Schülergremium weiter. Sachverhaltsdarstellung, Angabe der verletzten Strafvorschrift und der erforderlichen persönlichen Daten sind für das Schülergremium bestimmt, mit dem die Mitarbeiterin/der Mitarbeiter des Vereins "Hilfe zur Selbsthilfe e. V." den Fall vorbereitend bespricht.
In dem vom Schülergremium festgesetzten Termin wird der Fall mit dem jugendlichen Täter, gegebenenfalls mit dem Opfer besprochen und evtl. eine erzieherische Maßnahme festgesetzt.
Nach erfolgter Sachbehandlung durch das Schülergremium und Erledigung der etwa getroffenen erzieherischen Maßnahme leitet der Verein "Hilfe zur Selbsthilfe e. V." den Vorgang der Staatsanwaltschaft zurück, die ihrerseits das Verfahren abschließt.
3.3. Schule
Die Schulleitungen wählen geeignete Schülerinnen/Schüler aus, die durch entsprechende Schulung auf ihre Aufgabe vorbereitet werden. Die Gremien, die die Termine mit dem Täter und gegebenenfalls dem Opfer abhalten, bestehen aus 3 Schülerinnen/Schülern. Sie können sich aus Schülerinnen/Schülern verschiedener Schulen zusammensetzen, da die jeweiligen Verfahren auch schulübergreifend durchgeführt werden sollen. Sie gestalten die Termine selbständig, wenngleich mit fachkundiger Begleitung einer Mitarbeiterin/eines Mitarbeiters des Vereins "Hilfe zur Selbsthilfe e. V.", und sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.
Als mögliche erzieherische Reaktionen auf die Straftat kommen z.B. in Betracht:- Entschuldigung beim Opfer;
- Schadenswiedergutmachung;
- schriftliche Reflexion über das eigene Verhalten;
- Verfassen von Aufsätzen zu Themen, die im Zusammenhang mit der Straftat stehen;
- Vorbereitung von Referaten zu strafrechtlichen Themen;
- Basteln von Collagen oder Anfertigung von Zeichnungen mit Bezug zur Straftat;
- gemeinnützige Arbeit von maximal 15 Arbeitsstunden;
- kleinere Geldbeträge an eine gemeinnützige Einrichtung;
- Teilnahme am Verkehrsunterricht.
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In Fällen, bei denen durch Straftaten natürliche Personen verletzt oder geschädigt worden sind, kann die erfolgreiche Durchführung eines Täter-Opfer-Ausgleichs dazu führen, dass das Strafverfahren gegen den Täter eingestellt oder die Strafe gemildert wird.
Im Täter-Opfer-Ausgleich sollen mittels einer von beiden Seiten akzeptierten Wiedergutmachung Konflikte bewältigt werden. Dieser Täter-Opfer-Ausgleich wird in Aschaffenburg unter Einschaltung des Vereins "Hilfe zur Selbsthilfe" (Goldbacher Straße 39, 63739 Aschaffenburg Tel. 06021/29135) ggf. mit Zustimmung des zuständigen Gerichts durchgeführt.
Nach erfolgreichem Täter-Opfer-Ausgleich kann die Strafe gemildert oder ganz von Strafe abgesehen oder das Ermittlungs- oder Strafverfahren gegen oder ohne Auflagen eingestellt werden.
Voraussetzung für einen Täter-Opfer-Ausgleich ist die Bereitschaft der Beteiligten zur Mitwirkung. In der Regel ist ein Geständnis des Täters erforderlich.
Weitere Verfahren bei anderen Staatsanwaltschaften
Für die Verfolgung der im Bezirk der Staatsanwaltschaft Aschaffenburg begangenen Wirtschafts-, Steuer- und Zolldelikte sowie Delikte nach dem Urhebergesetz und Schifffahrtssachen ist die Staatsanwaltschaft Würzburg zuständig.
Zentralisiertes Verfahren
Die Landesjustizkasse Bamberg ist zuständig für den Zahlungsverkehr im Bereich der Justizbehörden Bayerns. Landesjustizkasse (LJK)