Pressemitteilung 04 vom 01.04.2019
Anklage gegen den Hilfspfleger Grzegorz W. unter anderem wegen sechs Fällen des Mordes und drei Fällen des versuchten Mordes
Die Staatsanwaltschaft München I hat am 21.03.2019 Anklage gegen den 37-jährigen Grzegorz W. wegen sechs Fällen des Mordes, in fünf Fällen jeweils in Tateinheit mit Diebstahl, in einem Fall in Tateinheit mit Raub mit Todesfolge, in Tatmehrheit mit drei Fällen des versuchten Mordes, jeweils in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, in einem Fall in Tateinheit mit Diebstahl und in einem Fall in Tatmehrheit mit Betrug, in Tatmehrheit mit drei Fällen der gefährlichen Körperverletzung jeweils in Tateinheit mit Diebstahl, erhoben.
Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage von folgendem, vor Gericht noch zu beweisendem Tatverdacht aus:
Der Angeschuldigte, der an zahlreichen Orten in der Bundesrepublik Deutschland als Pflegekraft eingesetzt war, verabreichte den pflegebedürftigen Personen jeweils medizinisch nicht indiziert Insulin. Dies führte teilweise zum Tod der Patienten, teilweise überlebten die Patienten die Injektionen nur aufgrund umgehender ärztlicher Behandlung.
An den meisten Einsatzorten durchsuchte der Angeschuldigte zudem die Wohnungen der Pflegebedürftigen nach Wertgegenständen, um diese für sich zu behalten. Aufgrund der Umstände wird von einer Tatbegehung aus Habgier und aus niedrigen Beweggründen ausgegangen. Da er die Arg- und Wehrlosigkeit der Geschädigten ausnützte, liegt nach Auffassung der Staatsanwaltschaft ferner das Mordmerkmal der Heimtücke vor.
Ausgangspunkt der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I war der Tod eines 87-jährigen Pflegebedürftigen aus Ottobrunn am 12.02.2018. Im Rahmen der veranlassten Obduktion wurden Auffälligkeiten, u.a. eine frische Einstichstelle, festgestellt. Zudem wurden bei dem zunächst noch als Zeugen vernommenen Angeschuldigten eine Spritze, Insulin und Wertgegenstände des Opfers aufgefunden. Der Angeschuldigte wurde daher noch am 12.02.2018 festgenommen und befindet sich seitdem in Untersuchungshaft.
Eine erste polizeiliche Überprüfung ergab Auffälligkeiten in Zusammenhang mit anderen vorherigen Einsatzorten des Angeschuldigten, insbesondere ab dem Jahr 2017.
Die Staatsanwaltschaft München I ermittelte daraufhin insgesamt 69 Einsatzorte des Angeschuldigten im gesamten Bundesgebiet und bündelte bei sich sämtliche diese Einsatzorte betreffenden Untersuchungen. Hierbei haben sich in zahlreichen Fällen weitere Ermittlungsansätze ergeben, die nunmehr zu der gegenständlichen, 366 Seiten umfassenden Anklageschrift geführt haben.
Dem Angeschuldigten wird bezüglich folgender Einsatzorte jeweils u.a. vollendeter Mord vorgeworfen:
Burg (SH), Eckenthal (BY), Spaichingen (BW), Hannover (NS), Wiesenbronn (BY), Ottobrunn (BY)
Bezüglich folgender Einsatzorte wird u.a. von versuchtem Mord ausgegangen:
Mülheim an der Ruhr (NW), Esslingen (BW), Weilheim i. Ob. (BY)
Bezüglich folgender Einsatzorte wird dem Angeschuldigten u.a. eine gefährliche Körperverletzung zur Last gelegt:
Aresing (BY), Hamburg (HH), Waiblingen (BW)
Der Angeschuldigte hat im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zugegeben, den Pflegebedürftigen Insulin verabreicht zu haben. Er bestreitet jedoch, dass er jemanden habe töten wollen.
Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und damit über eine mögliche Terminierung einer Hauptverhandlung hat das Landgericht München I – Schwurgericht zu entscheiden.
Allgemeiner Hinweis zum Zeitraum zwischen dem Datum der Anklageerhebung und der Veröffentlichung der Pressemitteilung: Nach den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (Nr. 23 Abs. 2 RiStBV) darf eine Anklageerhebung der Presse erst dann bekannt gegeben werden, wenn die Anklageschrift einem Angeschuldigten bzw. dessen Verteidigung nachweislich zugegangen ist.
gez.
Weinzierl
Staatsanwalt als Gruppenleiter
Stellvertretender Pressesprecher