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Staatsanwaltschaft München I

Justiz ist für die Menschen da – Recht Sicherheit Vertrauen

Pressemitteilung 05 vom 16.10.24

Anklageerhebung gegen Alfons Schuhbeck wegen Insolvenzverschleppung, Subventionsbetrug u.a.

Die Staatsanwaltschaft München I hat mit Anklageschrift vom 14.10.24 Anklage wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung in neun Fällen, des Betruges in vier Fällen, des versuchten Betruges in fünf Fällen, des Subventionsbetruges in neunzehn Fällen, des Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt in 479 Fällen u.a. zum Landgericht München I - 12. Wirtschaftsstrafkammer - gegen den Angeschuldigten Alfons Schuhbeck erhoben. Der Angeschuldigte wurde bereits zuvor in einem anderen Verfahren mit Urteil des Landgerichtes München I vom 27.10.22 wegen Steuerhinterziehung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren und 2 Monaten rechtskräftig (seit 14.06.23) verurteilt und befindet sich seit dem 23.08.23 in Strafhaft.

Die Staatsanwaltschaft geht in ihrer Anklage von folgenden, vor Gericht noch zu beweisenden Sachverhalten aus: 

Der Angeschuldigte war Koch, Kochbuchautor, Gastwirt, Fernsehkoch und Unternehmer. In dieser Funktion baute er über Jahre hinweg eine Unternehmensgruppe auf, die in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen, insbesondere der Gastronomie tätig war. 

Für neun dieser von ihm vertretenen Unternehmen stellte der Angeschuldigte die erforderlichen Insolvenzanträge nicht oder nicht rechtzeitig, obwohl das jeweilige Unternehmen bereits zahlungsunfähig war.
 
Hinsichtlich mehrerer Unternehmen beantragte er jeweils sog. Coronasoforthilfe, sog. November- und Dezemberhilfe, sowie Überbrückungshilfen II und III. Er machte dabei wissentlich falsche Angaben, um für die von ihm vertretenen Gesellschaften nicht gerechtfertigte Subventionen großen Ausmaßes zu erlangen sowie um eine Einnahmequelle von einigem Gewicht und einiger Dauer zu schaffen. Die ausgezahlten Hilfen verwendete der Angeschuldigte nicht wie vorgegeben zielgerichtet für betriebliche Zwecke der jeweils antragstellenden Unternehmen, sondern überwies einen Großteil der Beträge an andere seiner Gesellschaften oder bediente deren Verbindlichkeiten. Die Staatsanwaltschaft sieht darin den Tatvorwurf des Subventionsbetruges in neunzehn Fällen.

In vier Fällen war zwar der Tatbestand des Subventionsbetruges nicht erfüllt, jedoch der Tatbestand des Betruges, in fünf weiteren Fällen, in denen die Hilfen nicht ausbezahlt wurden, der Tatbestand des versuchten Betruges.

Der Angeschuldigte beschäftigte für die genannten Gesellschaften fortlaufend Arbeitnehmer. Als Geschäftsführer war er verpflichtet, deren Beitragsanteile zusammen mit dem Arbeitgeberanteil monatlich an die zum Einzug berechtigten gesetzlichen Krankenkassen abzuführen. Aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses kam der Angeschuldigte dieser Verpflichtung jeweils nicht nach, sondern führte in 212 Fällen rund 260.000 € nicht und in 267 Fällen rund 700.000 € nicht fristgerecht an die gesetzlichen Krankenkassen ab.

Durch die teilweise bereits seit 2017 bestehende Zahlungsunfähigkeit der von dem Angeschuldigten vertretenen Gesellschaften wurden zahlreiche Geschäftspartner und Gläubiger massiv geschädigt, indem sie mit den Gesellschaften auf Gegenleistung basierende Verträge abschlossen und Leistungen erbrachten, jedoch die Gegenleistung von Seiten der Gesellschaften ausblieb. Mindestens ein Unternehmen musste daher selbst Insolvenzantrag stellen. Zahlreiche ehemalige Gläubiger sehen sich nunmehr mit erheblichen Anfechtungsforderungen von Seiten des Insolvenzverwalters konfrontiert, sofern sie Zahlungen durch den Angeschuldigten zu Zeitpunkten erhalten haben, zu denen die von ihm vertretenen Gesellschaften bereits zahlungsunfähig waren.Durch den unberechtigten Bezug von Coronahilfen und anderen Subventionen (in Höhe von rund 460.000 €) wurde die öffentliche Hand erheblich geschädigt, durch die Nichtabführung von Arbeitnehmerbeiträgen die Krankenkassen ebenso wie die Arbeitnehmer.

Die sehr umfangreichen und aufwändigen Ermittlungen, die Ende 2021 begannen, wurden von einer auf Wirtschaftsstraftaten, insbesondere Insolvenzstraftaten und (Corona-)Subventionsbetrug spezialisierten Abteilung der Staatsanwaltschaft München I geführt. Im Rahmen der Ermittlungen wurden u. a. anhand der Insolvenztabellen die 80 Gläubiger mit den höchsten Forderungen sowie das Finanzamt und die Landeshauptstadt München angeschrieben und um Auskunft betreffend die Forderungen ersucht. Ferner wurden Bankauskünfte zu sämtlichen Bankkonten aller elf Gesellschaften des Angeschuldigten ab dem Jahr 2017 erholt und ausgewertet, dies betraf rund 50 Konten. Die Ermittlungsakten haben einen Umfang von rund 45 Bänden, die Anklageschrift umfasst 124 Seiten.

Über die Eröffnung des Hauptverfahrens und damit über eine mögliche Terminierung der Hauptverhandlung wird die zuständige 12. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichtes München I entscheiden.


Allgemeiner Hinweis zum Zeitraum zwischen dem Datum der Anklageerhebung und der Veröffentlichung der Pressemitteilung: Nach den Richtlinien für das Straf- und Bußgeldverfahren (Nr. 23 Abs. 2 RiStBV) darf eine Anklageerhebung der Presse erst dann bekannt gegeben werden, wenn die Anklageschrift einem Angeschuldigten bzw. dessen Verteidigung nachweislich zugegangen ist.

gez. Anne Leiding
Oberstaatsanwältin
Pressesprecherin