Pressemitteilung 47 vom 17.06.16
7 Jahre Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt)
Zwei Handwerker aus München gründeten 2006 eine Schreinermeister E. Ltd. mit Sitz in London. Die Kunden sind sehr misstrauisch aufgrund der Firmierung und des Sitzes im Ausland. Deshalb melden die beiden Schreiner eine Zweigniederlassung ihrer Gesellschaft zur Eintragung im Handelsregister München an. Das war sehr aufwändig, weil sie Übersetzungen, Überbeglaubigungen sowie die Auskunft eines englischen Notars beibringen mussten.
Als die beiden Gesellschafter in Streit gerieten, musste die Auseinandersetzung vor einem englischen Gericht geführt werden.
Weil die beiden Handwerker dann keine Bilanz nach englischem Recht eingereicht hatten, wurde die Gesellschaft dort gelöscht. Dies hatte zur Folge, dass die beiden persönlich für alle Schulden haften mussten. Letztendlich mussten sie den Betrieb einstellen.
Um solche Fälle für die Zukunft zu vermeiden, wurde 2008 eine neue Gesellschaftsform geschaffen:
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) wurde im November 2008 eine neue Variante der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) eingeführt: Die Unternehmergesellschaft - kurz UG -haftungsbeschränkt. Diese gewinnt zahlenmäßig sehr an Bedeutung.
Ausgangspunkt der Gesetzgebung war, dass sich in Deutschland immer mehr Unternehmer ausländischer Rechtsformen bedienten, da sie das für eine GmbH vorgeschriebene Mindestkapital von 25.000 EUR nicht aufbringen konnten oder wollten, andererseits aber das Bedürfnis nach einer Haftungsbeschränkung hatten. Sie gründeten daher -wie die beiden Handwerker im oben geschilderten Fall- insbesondere Private Limited Companies nach englischem Recht (mit einem Kapital von manchmal nur 1 GBP oder 1 EUR), deren Zweigniederlassung im deutschen Handelsregister eingetragen wurde. Oft bestand kein weiterer Bezug nach England. Die alleinige Geschäftstätigkeit fand in Deutschland statt
(- sogenannte Scheinauslandsgesellschaft).
Die zunehmende Zahl solcher ausländischer Gesellschaften im deutschen Geschäftsverkehr führte nicht nur bei den Geschäftspartnern dieser Limited zu Problemen, etwa bei der Frage des Gerichtsstandes oder auch des anzuwendenden Rechts. Auch auf Seiten der Inhaber solcher ausländischer Gesellschaften entstanden vielfach Probleme, insbesondere bei der Anwendung englischen Gesellschafts- oder auch Bilanzierungsrechts. Nicht zuletzt erforderte auch die Eintragung der Zweigniederlassungen im deutschen Handelsregister vertiefte Kenntnisse des ausländischen Rechts, da auch das deutsche Register die Verhältnisse der ausländischen Hauptniederlassung zutreffend wiedergeben muss.
Der deutsche Gesetzgeber reagierte hierauf mit der Einführung einer neuen Variante der GmbH, nämlich der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) nach § 5a GmbHG. Diese ist eine GmbH, deren Stammkapital geringer ist. Das Mindest-Stammkapital beträgt 1 EUR. Die Unternehmergesellschaft soll einen Einstieg in die GmbH bieten und Gründungen erleichtern. Im Gegenzug muss sie jährlich ein Viertel ihres Jahresüberschusses zurücklegen, um damit Verluste auszugleichen oder ihr Stammkapital zu erhöhen. Wird das Stammkapital schließlich auf 25.000 EUR (oder mehr) erhöht, kann die UG (haftungsbeschränkt) ihre Bezeichnung auf GmbH ändern.
Die UG (haftungsbeschränkt) wurde seit ihrer Einführung im November 2008 stark angenommen. Während Anträge auf Eintragung von Limited beim Handelsregister München zurückgingen, stiegen die Zahlen registrierter UG (haftungsbeschränkt) beständig an.
Gesellschafter wie Geschäftspartner gewinnen hierdurch rechtliche Sicherheit, da sie so auf dem gewohnten Boden des deutschen Rechts stehen. Die Problematik, ob eine solche UG (haftungsbeschränkt) ein wirtschaftlich potenter Partner ist, bedarf bei einem Stammkapital von manchmal nur 1 Euro selbstverständlich besonderer Prüfung.
UG sind in Deutschland eine immer beliebter werdende Gesellschaftsform mit enormen Vorteilen bei der Haftungsbeschränkung. Es ist nicht erkennbar, dass diese Unternehmensform zulasten der Geschäftspartner und Angestellten missbraucht wird.
Der Anteil an UG-Gesellschaften, die am Amtsgericht München im Jahr 2015 in Zivilprozesse verwickelt waren, liegt bei 0,75 % bezogen auf alle neu anhängig gewordenen Zivilverfahren.
Aussagen zu strafbarem Verhalten sind nicht möglich, da es in Deutschland kein Unternehmensstrafrecht gibt. Es gab 2015 am Amtsgericht München lediglich 2 Verfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt, an denen Geschäftsführer einer UG beteiligt waren.
Monika Andreß