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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 91 vom 21.11.16

Erziehung durch den Richter

Am 23.8.2016 wurde ein 19-jähriger Schüler vom Jugendgericht München wegen Diebstahls und Beleidigung zu 48 Stunden gemeinnütziger Arbeit verurteilt. Außerdem muss er einen Entschuldigungsbrief schreiben.
Er hat am 12.06.2016 gegen 2.40 Uhr am S-Bahnhof in Planegg ein Damenfahrrad im Wert von 200 Euro gestohlen.

 

„Ich hatte mir ein paar Bier gekauft und als ich angekommen bin, hatte ich mein Handy verloren. Ich hatte eine Streifenkarte aber kaum Geld. Ich habe den Bus verpasst weil ich mein Handy gesucht hatte. Freunde nahmen mich dann ein Stück mit und dann habe ich nach unabgesperrten Fahrrädern gesucht, habe das genommen und wurde direkt von den Polizisten angehalten“, erklärte er dem Jugendrichter. Er wurde von den Polizisten beobachtet wie er ein Damenfahrrad, das nicht abgesperrt war, aus einem Ständer beim S-Bahnhof Planegg nahm und damit wegfahren wollte. Da er sich nicht ausweisen konnte, verbrachten ihn die Polizeibeamten auf die Wache, wo seine Personalien festgestellt werden sollten. Er zeigte sich gegenüber den Beamten völlig unbeeindruckt, uneinsichtig und ablehnend. Er wollte nach Hause gefahren werden. „Als die Beamten dies ablehnten, gab er ihnen lautstark zu verstehen, dass es sein Recht sei, von „unnötigen Polizisten" heimgebracht zu werden“, so das Urteil. Einer der Polizeibeamten begleitete den Schüler nach draußen vor die Wache. „Dort beleidigte der Angeklagte den Geschädigten, indem er mit seiner linken Hand seine Unterlippe herunterzog und mit dem Zeigefinger der rechten Hand auf den in der Lippeninnenseite eintätowierten Schriftzug „ACAB" (Einfügung durch die Redaktion: All cops are bastards) deutete und hierbei sagte „Das sind Sie", so das Urteil weiter.

Der Schüler zeigte sich vor Gericht einsichtig und bereute die Tat.

Das Gericht wendete auf ihn Jugendstrafrecht an, da er eher einem Jugendlichen als einem Erwachsenen gleichzusetzen sei. „Er lebt noch zuhause, verfügt über keine abgeschlossene Schulausbildung und er wurde zur Hauptverhandlung auch von beiden Elternteilen begleitet, was zeigt, dass der Angeklagte noch stark in den elterlichen Haushalt und die dortigen Strukturen eingebunden ist. Von einer Nachreifung ist auszugehen“, so die Begründung des Urteils. Die Frage des Richters an den jungen Mann, ob er mit seinen Eltern über den Vorfall gesprochen habe, bejahte er und fügte hinzu: „Konsequenzen gab es daheim keine.“

Es sei „erzieherisch geboten, ihn anzuweisen, insgesamt 12 x 4 Stunden gemeinnützige Arbeit abzuleisten. Auf diese Weise ist ihm eindringlich zu Bewusstsein zu bringen, dass er für das von ihm begangene Unrecht einzustehen hat. Weiterhin wurde ihm aufgegeben, einen Entschuldigungsbrief an den Polizeibeamten zu fertigen“, begründete der Richter seine Entscheidung.


Urteil des Amtsgerichts München vom 23.08.2016 / Aktenzeichen 1014 Ds 457 Js 183150/16 jug

Das Urteil ist rechtskräftig.

Monika Andreß