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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 96 vom 11.12.2017

Eine unschöne Beleidigung

Auf Straftaten kann auch mit einer Geldstrafe „zur Bewährung“ reagiert werden.

Am 22.10.2016 gegen 14:30 Uhr befand sich der 20 jährige Verurteilte an-lässlich einer Demonstration zum Thema „Für ein solidarisches Miteinander - gegen das geplante bayerische Ausgrenzungsgesetz" in der Residenzstraße in München.

In ihrer Anklage legte ihm die Staatsanwaltschaft zur Last, dort einen 23 jährigen uniformierten Polizeibeamten mit den Worten „Du Hurensohn“ beleidigt zu haben.

Der Verurteilte bestritt in der deswegen am 8.11.2017 durchgeführten Strafverhandlung die Tat. Er sei nur hingegangen und habe in die Menge hinein gefragt, warum ein Freund gerade von den Polizisten festgenommen worden sei.

Der Polizeibeamte gab vor Gericht an, dass der Verurteilte nach Festnahme eines anderen aggressiv auf die Kollegen zugegangen sei und laut geschrien habe. Trotz Aufforderung wegzubleiben sei der Verurteilte immer wieder gekommen. Er habe ihn daraufhin mit Gewalt wegschieben wollen, woraufhin ihn der Verurteilte als Hurensohn beleidigt habe. Er habe den Verurteilten nämlich wenig später eindeutig wieder erkannt, und zwar an seiner Jacke und dem Tuch, das er um den Hals trug. Die Mutter des Polizeibeamten sei früh gestorben, er habe sie somit nie kennengelernt. So beleidigt zu werden, das habe ihn schon getroffen.

Im Anschluss an diese Aussage entschuldigte sich der Verurteilte bei dem Beamten, hielt aber weiter daran fest, die Tat nicht begangen zu haben.

Der zuständige Jugendrichter glaubte dem Polizeibeamten, verwarnte den Verurteilten und bestimmte eine Geldstrafe von 20 Tagessätzen, wobei die Verurteilung zu dieser Strafe vorbehalten blieb.

Er wendete Erwachsenenstrafrecht an, da der Verurteilte seine Ausbildung erfolgreich beendet hat und in Festanstellung arbeitet. Reifeverzögerungen, die eine Ahndung nach Jugendstrafrecht erforderlich gemacht hätten, sah er auch nicht darin, dass der Verurteilte noch bei den Eltern wohnt um diese und seine Geschwister mit einem Gutteil seiner Einkünfte unterstützen zu können.

Das Gericht wertete zugunsten des Verurteilten, „...dass er nicht vorbestraft ist und dass ihm die Sache sehr leid tut. Zu sehen ist auch, dass die Beleidigung in einem sehr emotionalen Augenblick gefallen ist, weil wohl ein Freund des Angeklagten festgenommen wurde. Der Angeklagte hat sich auch beim Geschädigten glaubwürdig entschuldigt. Insgesamt hat der Angeklagte, wie geschildert, einen sehr guten Eindruck in der Hauptverhandlung hinterlassen.“ „Nach Auffassung des Gerichts handelt es sich um eine einmalige Straftat beim Angeklagten. Aufgrund der geschilderten Persönlichkeit des Angeklagten und der Tat ist die Verhängung der Strafe nicht erforderlich. (...) Demzufolge war der Vorbehalt auszusprechen.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 08.11.2017, Aktenzeichen 1024 Ds 113 Js 165967/17 jug
 
Das Urteil ist rechtskräftig.
 
Klaus-Peter Jüngst

Anmerkung:
Bei einer Verwarnung unter Strafvorbehalt bestimmt das Gericht eine Geldstrafe und setzt eine ein- bis zweijährige Bewährungszeit fest. Begeht der Verurteilte in dieser Zeit keine neue Straftat und erfüllt er die eventuell ihm vom Gericht zusätzlich neben der Verwarnung erteilten kleineren Weisungen, so wird nach Ablauf der Bewährungszeit festgestellt, dass es mit der Verwarnung sein Bewenden hat. Die Geldstrafe braucht dann nicht bezahlt zu werden.

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