Pressemitteilung 23 vom 22.03.2019
Grillterrasse
Eine ohne die erforderliche Zustimmung der Miteigentümer vergrößerte Terrassenpflasterung muss wieder entfernt werden.
Das Amtsgericht München verurteilte am 29.08.2018 das beklagte Ehepaar, die Steinterrasse ihrer Wohnung in München-Neutrudering auf das sich aus dem Grundrissplan ergebende Ausmaß von 5,93 m² zurückzubauen.
Das beklagte Ehepaar ist als Eigentümer einer Erdgeschosswohnung Mitglied der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Wohnung verfügt über eine Terrasse, an der den Beklagten ein Sondernutzungsrecht zusteht. Die Terrassengröße beträgt nach dem Grundrissplan 5,53 m². Die Beklagten verdoppelten im Frühjahr 2015 die Terrassengröße auf 12 m². In der Eigentümerversammlung vom 06.06.2016 wurde mehrheitlich beschlossen im Namen der Gemeinschaft den Rückbau zu verlangen. Der Rückbauaufforderung der Verwaltung kamen die Beklagten nicht nach.
Die Klagepartei ist der Meinung, dass es sich bei der Terrassenvergrößerung um eine bauliche Veränderung handele, von der eine optische Beeinträchtigung ausgehe. Die Terrasse sei aus jedem Fenster der darüber liegenden Stockwerkswohnungen zu sehen. Außerdem sei eine extensivere Nutzung und damit auch eine höhere Beeinträchtigung der Miteigentümer durch Lärm, Grillen, o.ä. zu erwarten. Das Sondernutzungsrecht bedinge keinen Anspruch auf Vergrößerung der bauseits vorhandenen Terrasse. Selbst wenn andere, ebenfalls ungenehmigte bauliche Veränderungen in der Anlage vorhanden wären, würde dies nicht zur Zulässigkeit der streitgegenständlichen Terrassenvergrößerung führen.
Die beklagte Partei meint, dass ein Rückbauanspruch nicht bestehe. Die Terrasse sei nicht einsehbar, es sei deswegen auch nicht zu erkennen, wodurch die Miteigentümer gestört werden sollten. Auch andere Miteigentümer hätten bauliche Maßnahmen, wie Anbauten zum Unterstellen von Fahrrädern, zusätzliche Terrassenüberdachungen, Terrassenerweiterungen, Errichtung von Sichtschutz-Vorrichtungen an ihren Terrassen vorgenommen. In der Anlage seien auch zahlreiche Satellitenschüsseln angebracht worden. Die Klägerin sei gegen keine dieser baulichen Maßnahmen bislang vorgegangen.
Die zuständige Richterin am Amtsgericht München gab der klagenden Wohnungseigentümergemeinschaft Recht:
„Für die Zulässigkeit dieser baulichen Veränderung ist (...) die Zustimmung aller (...) Wohnungseigentümer erforderlich. (...) Die Vergrößerung einer Terrasse ermöglicht eine intensivere Nutzung des Gemeinschaftseigentums und kann zu Lärmemissionen führen (...). Insoweit stellt bereits die Gefahr einer intensiveren Nutzung des Gemeinschaftseigentums, an dem den Beklagten hinsichtlich der Terrassen- und Gartenflächen ein Sondernutzungsrecht zusteht, eine nicht hinzunehmende Beeinträchtigung (...) dar. Darauf, ob eine solche Nutzung derzeit stattfindet oder beabsichtigt ist, kommt es nicht an (BayObLG, Beschl. V. 02. 06. 1999, Az. 2Z BR 15/99).
Weiter liegt auch eine optische Beeinträchtigung vor. Ein nicht hinzunehmender optischer Nachteil liegt bei Veränderungen vor, die sich objektiv nachteilig auf das äußere Bild der Wohnanlage auswirken. Entscheidend ist, ob sich nach der Verkehrsanschauung ein Wohnungseigentümer in der entsprechenden Lage verständlicherweise beeinträchtigt fühlen kann. Bei der Beurteilung (...) ist ein strenger Maßstab anzulegen (...), um die grundrechtlich aus Artikel 14 GG geschützten Interessen aller Eigentümer an der Beibehaltung des äußeren Erscheinungsbildes angemessen zu berücksichtigen. Infolgedessen ist eine erhebliche Beeinträchtigung regelmäßig schon dann anzunehmen, wenn eine erhebliche Veränderung des äußeren Erscheinungsbildes vorliegt. (...). Für die Beurteilung des Nachteils ist dabei allein maßgeblich, ob die Veränderung generell von außen her wahrnehmbar ist (...). Bereits aus dem aussagekräftigen (...) Lichtbild ergibt sich, dass die streitgegenständliche Terrasse jedenfalls von den darüber liegenden Balkonen ohne weiteres einsehbar ist. (...)
Der Einwand der Beklagten, dass auch weitere Terrassen baulich umgestaltet worden seien, verfängt nicht, weil auch im Wohnungseigentumsrecht der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“ gilt. Ein Wohnungseigentümer kann deshalb nicht verlangen, ebenfalls einen unrechtmäßigen Vorteil zu erhalten, und die beeinträchtigten Wohnungseigentümer sind nicht verpflichtet, gegen alle Störer gleichmäßig vorzugehen.“
Urteil des Amtsgerichts München vom 29.08.2018, Aktenzeichen 485 C 5290/18 WEG
Das Urteil ist nach Zurückweisung der Berufung vom 24.01.19 rechtskräftig.
Klaus-Peter Jüngst