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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 30 vom 12.04.2019

Es kann der Frömmste nicht in Frieden l(i)eben...

Nachbarschaft will gemeistert werden

Vor dem Amtsgericht München wurde am 14.02.2019 die Klage eines Ehepaares in München-Trudering gegen das Nachbarpaar durch Vergleich beendet. Die Kläger hatten beantragt, ihre Nachbarn zu verurteilen die Kläger in der Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr in ihrer Nachtruhe nicht mehr durch Geräuschimissionen zu stören, die Zimmerlautstärke überschreiten.

Die Parteien sind seit gut zwei Jahren Nachbarn.

Die Kläger tragen vor, nach dreimal innerhalb einer Woche jeweils mitternächtlichen für sie laut vernehmlichem Schreien und Stöhnen der Beklagten beim Geschlechtsverkehr am 14.09.16 ein erstes Schreiben an die Beklagten verfasst zu haben. Darin hätten sie von ihnen verlangt, die Lautstärke ihrer Aktivitäten insbesondere während der Ruhezeiten ab 22h so zu reduzieren, dass die Nachtruhe der Kläger nicht gestört würde. Gleichwohl hätten die Beklagten drei Wochen später in zwei Folgenächten einmal um Mitternacht und einmal um 4h die Kläger in gleicher Weise geweckt. Als die Beklagten am 01.01.17 von 1.30h bis 5h eine Party mit extrem lauter Musik gefeiert hätten, sei ihre persönlich überbrachte Bitte, die Musik leiser zu machen, ignoriert worden. Nach schriftlichem Hinweis auf die Hausordnung vom 04.01.17 unter Erwähnung auch eines Bohrmaschineeinsatzes am Sonntag hätten die Beklagten am 05.01.17 schriftlich den Klägern empfohlen, auszuziehen. Zu besonderen Lärmexzessen sei es angesichts der von den Beklagten angekündigten Geburtstagsparty im September 2017 von 22h bis 1h gekommen. Bereits vor der Feier hätten die Kläger die Beklagten schriftlich darauf hingewiesen, dass während des Oktoberfestes aber auch zu anderen Jahreszeiten in München genügend Gelegenheiten geboten seien, zu feiern, zu tanzen und zu singen ohne dabei die Nachtruhe der Nachbarn zu stören. Der Beklagte habe entgegengehalten, dass man sich in letzter Zeit bemüht habe, auf ihre Lärmempfindlichkeit Rücksicht zu nehmen, aber bei diesem Fest nicht garantieren könne, seine Gäste jederzeit im Griff zu haben. Im August 2018 sei es durch eine neuerliche Party von 22h bis 2h zu so lauter Lärmbelästigung gekommen, dass man um 0.40h die Polizei verständigen musste, deren Einsatz zwar zum Abdrehen der Musik, aber nicht zur Beendigung des Lärms durch die alkoholisierten Gäste geführt hätte. Danach hätten sie ihren Rechtsanwalt mit der Durchsetzung ihrer Rechte beauftragt.

In der Klageerwiderung vermuteten die Beklagten hellseherische Fähigkeiten der Kläger bei der Feststellung der vermeintlichen Lärmursache, deren Ausmaß sie bestreiten. Die lärmüberempfindlichen Kläger würden auch die übrigen Mitbewohner wie schon ihren Vormieter terrorisieren. Die zur Feier mit insgesamt drei Gästen herbeigerufenen Polizisten hätten sie auch nicht abgemahnt, sondern lediglich mitgeteilt von den Klägern gerufen worden zu sein. Sämtliche von den Klägern behaupteten Ruhestörungen hätten niemals das Maß einer erheblichen und unzumutbaren Beeinträchtigung erreicht.

Die Kläger erwiderten unter Vorlage entsprechender Schriftstücke, dass sich alle von Ihnen wegen Lärmbelästigung angegangenen übrigen Mitbewohner wegen ihres Fehlverhaltens im Nachhinein bei Ihnen entschuldigt hätten.

Der Kläger hatte in einem dieser Schreiben auch das bekannte Titelzitat aus dem Schiller’schen Wilhelm Tell über die Grenzen der Nachbarschaft bemüht.

Die Parteien schlossen nach gut einstündiger Verhandlung vor der zuständigen Richterin einen Vergleich, dessen genauen Wortlaut die Parteien ohne Beteiligung der Richterin vereinbarten.

Die Beklagten verpflichteten sich darin, ernsthaft zu versuchen den Lärmpegel in ihrer Wohnung in einem sozial adäquaten Rahmen zu halten, während sich die Kläger verpflichteten, ernsthaft zu versuchen, wenn sie sich durch den Lärmpegel in der Wohnung der Beklagten gestört fühlen, den Weg der direkten Kommunikation mit den Beklagten, sei es durch Telefon oder persönliche Ansprache, zu gehen. Auf Wunsch der Kläger seien die Beklagten auch bereit, sich selbst ein Bild vom Lärmpegel in der Wohnung der Kläger zu machen. Schlussendlich einigten sie sich weiter darauf, sich Mühe zu geben, auf die Belange der jeweils anderen Parteien Rücksicht zu nehmen.

Vergleich protokolliert vom Amtsgerichts München am 14.02.2019, Aktenzeichen 275 C 19415/18

Klaus-Peter Jüngst

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