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Amtsgericht München

Amtsgericht München - Gebäude Maxburgstraße

Pressemitteilung 84 vom 21.10.2019

Heimatgeläutert

Vorübergehende Rückkehr in den Irak lässt früheren Straftäter reuig zurückkehren

Am 11.09.2019 verurteilte der zuständige Strafrichter am Amtsgericht München einen geschiedenen 26jährigen Iraker wegen Körperverletzung in zwei Fällen und einer weiteren gefährlichen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten zur Bewährung und legte ihm als Bewährungsauflage auf, 90 Stunden gemeinnützige unbezahlte Arbeit abzuleisten.

Am 27.11.2015 gegen 00:30 Uhr verletzte der Verurteilte auf der Frankenthaler Straße in München einen Geschädigten, indem der Angeklagte ihm mehrfach mit beiden Fäusten in den Nacken und auf den Hinterkopf schlug, wodurch dieser erhebliche Schmerzen am Hinterkopf und im Nacken bis hinunter zur Wirbelsäule sowie einen Kratzer an der Stirn erlitt.

Am 25.12.2016 gegen 04:00 Uhr schlug der Verurteilte einem anderen Geschädigten im Toilettenbereich einer Diskothek in den Optimolwerken in München mit der Faust in das Gesicht, gegen das linke Schlüsselbein und gegen den linken Arm. Dieser erlitt dadurch einen Hautaufriss am Schlüsselbein, wo er eine „Port-Öffnung“ zur Erleichterung einer Chemotherapie zur Krebsbekämpfung hatte, sowie Schmerzen. Beim Verurteilten wurde eine Alkoholisierung von ca. 1,7 Promille festgestellt.

Am 22.01.2017 gegen 05:00 Uhr bedrohte der Verurteilte gemeinsam mit zwei weiteren Unbekannten einen weiteren Geschädigten in der Tram der Linie 17. Der Zeuge stieg an der Haltestelle Fraunhoferstraße aus und ging an das vordere Ende der Trambahn, um dem Trambahnführer von der Bedrohung zu berichten. Der sich mit seinen Begleitern von hinten nähernde Verurteilte schlug unvermittelt mit der Faust auf die linke Gesichtshälfte des Zeugen. Als dieser sich wehren wollte, hielten ihn die beiden Unbekannten an Armen und Beinen fest, während der Verurteilte mehrere Faustschläge gegen die linke Schläfe des Zeugen Kampen sowie einen Fußtritt gegen die linke Kieferseite führte. Der Zeuge erlitt eine Fissur des Jochbeinbogens, eine Absplitterung des Zahns 27 sowie erhebliche Schmerzen und war eine Woche arbeitsunfähig.

Der Verurteilte, der 2008 mit Mutter und Geschwistern nach Deutschland geflüchtet war, sich dem zwischenzeitlich erlassenen Haftbefehl gestellt hatte und sich so seit 22.08.2019 in Untersuchungshaft befand, räumte die Taten unumwunden ein, auch wenn er sich aufgrund Alkohol- und Drogenkonsums nicht mehr an Einzelheiten erinnere. „Warum ich das machte, weiß ich nicht. Mein über 70 Jahre alter Vater war allein in Bagdad. (...) Ich ging in den Irak zu meinem Vater, wo ich zweieinhalb Jahre blieb, um von den Drogen loszukommen. In Bagdad war es unsicher. Ich kam nach Deutschland zu meinem Bruder zurück, um ein normales Leben zu führen und will als Verkäufer arbeiten. (...) Ich will mich bei jedem der mir unbekannten Verletzten entschuldigen. Bei allen drei Fällen war ich alkoholisiert. Ich nahm alle Drogen: Hasch, Ecstasy, Crystal Meth, Kokain und Heroin.“
Dem als Zeuge erschienen ersten Geschädigten übergab er 1.000 € in bar als Entschädigung, dem dritten 1.500 €. Der zweite war zwischenzeitlich seinem Krebsleiden erlegen.

Der zuständige Strafrichter wertete neben dem Geständnis zugunsten des Verurteilten, „...dass er sich zu den Tatzeitpunkten in einer äußerst problematischen Lebenssituation aufgrund familiärer Probleme befand. Auch hat der Angeklagte ernsthafte Reue für sein Verhalten gezeigt und die Taten liegen auch bereits längere Zeit zurück, wenngleich sich die Aburteilung nur deshalb verzögerte, weil der Angeklagte in den Irak gereist ist. Darüber hinaus war der Angeklagte im Tatzeitpunkt alkoholisiert und entsprechend enthemmt. Zu Lasten des Angeklagten musste insbesondere gesehen werden, dass er bereits strafrechtlich einschlägig in Erscheinung getreten ist (der Verurteilte hatte Ende 2015 sogar eine mehrmonatige Haftstrafe verbüßen müssen) und völlig grundlos gegen ihm unbekannte Personen erhebliche Gewalt angewendet hat. (...) 
Das Gericht ist überzeugt, dass der Angeklagte sein Leben - auch bedingt durch seinen Aufenthalt im Irak – geändert und sein früheres delinquentes und gewaltsames Verhalten aufgegeben hat.
Besonders zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Angeklagte, wie geschildert, die Taten vollumfänglich gestanden, sich zu ihnen bekannt und dafür die Verantwortung übernommen hat.“


Urteil des Amtsgerichts München vom 11.09.2019,
Aktenzeichen 854 Ds 259 Js 221609/16

Das Urteil ist rechtskräftig.

Klaus-Peter Jüngst

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