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Generalstaatsanwaltschaft Bamberg

Pressemitteilung Nr. 9/2024 vom 26.06.2024

Nach Auslieferung aus Frankreich: weitere Anklageerhebung gegen mutmaßlichen Verantwortlichen der betrügerischen Cybertrading-Plattform GetFinancial zum Landgericht Regensburg

(Fortschreibung der Pressemitteilung 3/2023 vom 17.02.2023)

Bamberg/Regensburg. Nach umfangreichen und langwierigen Ermittlungen gemeinsam mit der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben Oberpfalz hat die Zentralstelle Cybercrime Bayern im Mai 2024 Anklage gegen einen weiteren mutmaßlichen Verantwortlichen der betrügerischen Anlageplattform GetFinancial zu einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Regensburg erhoben.

Der 47-jährige israelische Staatsbürger wurde am 14.07.2023 am Flughafen in Paris-Orly festgenommen und am 14.12.2023 auf Betreiben der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg nach Deutschland ausgeliefert. Er befindet sich seitdem in Untersuchungshaft in einer bayerischen Justizvollzugsanstalt.

Der in Deutschland nicht vorbestrafte Angeschuldigte soll Ende 2015 in unterschiedlichen Funktionen in das Geschäft der Tätergruppierung mit betrügerischen Anlageplattformen eingestiegen sein. Aus Callcentern in Israel, Georgien, der Republik Moldau und Armenien wurden gutgläubige Kunden dazu bewegt, auf einer Vielzahl von betrügerischen Plattformen (sog. „Brands“) im Vertrauen auf eine lukrative Anlagemöglichkeit teilweise hohe Geldsummen zu investieren („Cybertrading“). Die Täter spiegeln dabei den potenziellen Kunden vor, digitale Plattformen für den Handel mit unterschiedlichsten Finanzinstrumenten zur Verfügung zu stellen. Die eingezahlten Gelder werden zu keinem Zeitpunkt einer Kapitalanlage zugeführt, die für den Kunden sichtbare Handelsplattform ist ebenso wie das angebliche Kundenkonto eine reine Täuschung. Das Geld ist für die Geschädigten in der Regel vollständig verloren.

Von dem Deliktsphänomen, das der internationalen organisierten Cyber-Kriminalität zuzurechnen ist, sind allein in Deutschland zehntausende Anleger betroffen. In zahlreichen anderen europäischen Ländern finden sich unzählige weitere Geschädigte. Das Dunkelfeld ist beträchtlich.

Der 47-Jährige soll unter anderem als Leiter der Analyseabteilung und des „Trading und Education Departments“ für die Gruppierung gearbeitet haben. Auch die Betreuung des Kundenverwaltungssystems zählte mutmaßlich zu seinen Aufgaben.

Der Mann, der über einen Hochschulabschluss als technischer Ingenieur verfügt, soll zwischen 2017 und Oktober 2021 in verantwortlicher Position für folgende betrügerische Anlageplattformen gearbeitet haben:

  • SolidCFD (41 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von ca. 225.000 €)
  • GetFinancial (100 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von knapp über 2,0 Mio. €)
  • ProCapitalMarkets (114 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von knapp 2,1 Mio. €)
  • GainFinTech (2 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von ca. 28.000 €)
  • MyCoinBanking (39 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von rund 1,2 Mio. €)
  • ProfitsTrade (203 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von knapp 2 Mio. €)
  • AccepTrade (26 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von ca. 7.000 €)
  • CoinsBanking (77 Geschädigte aus Deutschland mit Einzahlungen in Höhe von knapp 460.000 €)

Insgesamt soll der Angeschuldigte so für einen Schaden von rund 8 Mio. EUR verantwortlich sein. Für seine Tätigkeiten sollen ihm rund 166.000 € zugeflossen sein. Er muss sich nun wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betrugs in acht Fällen verantworten. Das Gesetz sieht hierfür eine Freiheitsstrafe zwischen einem und zehn Jahren vor.

Es handelt sich bereits um die vierte Anklage der Zentralstelle Cybercrime Bayern in diesem Verfahrenskomplex zum Landgericht Regensburg. Im April und Mai 2023 wurden bereits vier Männer und eine Frau zu Gesamtfreiheitsstrafen zwischen 2 Jahren 6 Monaten und 5 Jahren 9 Monaten verurteilt.

Gegen weitere Mitglieder der Tätergruppierung dauern die Ermittlungen der Zentralstelle Cybercrime Bayern und der Kriminalpolizeiinspektion mit Zentralaufgaben Oberpfalz an.