Pressemitteilung 2 vom 20.01.16
Ein Foul mit Konsequenzen
Zum Haftungsmaßstab im Rahmen eines Fußballspiels
Die Klage eines beim Fußballspiel verletzten Torhüters gegen den gegnerischen Feldspieler auf Schadensersatz blieb ohne Erfolg. Der Kläger hat den Nachweis eines vorsätzlich oder grob fahrlässig begangenen Regelverstoßes durch den Gegner nicht führen können.
Der Kläger verlangt Schmerzensgeld in mittlerer vierstelliger Höhe für Verletzungen und den Ersatz weiterer Schäden, die er im Rahmen eines Fußballspiels bei einem Zusammentreffen mit dem in der gegnerischen Mannschaft spielenden Beklagten erlitten hatte. Kurz vor dem Abpfiff des Verbandsjuniorenspiels hatte der Kläger hierbei einen doppelten Kieferbruch erlitten, weshalb er u. a. auch operiert werden musste. Eine Ahndung des Vorfalles durch den Schiedsrichter war nicht erfolgt.
Der Beklagte soll den Kläger, nachdem dieser als Torhüter den Ball mit beiden Armen sicher vor der Brust gehalten und mit dem Oberkörper darauf gelegen habe, aus Frust mit voller Wucht gegen den Kopf getreten haben. Dies sei keine im Spiel gerechtfertigte Härte mehr, sondern eine vorsätzliche Körperverletzung, jedenfalls aber ein grob fahrlässiger Regelverstoß gewesen.
Aus Sicht des Beklagten lag schon gar kein Regelverstoß vor. Der Kläger habe den Ball nämlich keineswegs sicher gehalten. Er soll vielmehr mit Oberkörper, Kopf und Händen voraus in Richtung Ball gesprungen, der jedoch etwa 1 m vor dem Kläger gelegen haben soll. Der im gleichen Abstand zum Ball stehende Beklagte sei jedoch schneller am Ball gewesen und zu Schuss gekommen. Unglücklicherweise sei hierbei der Kläger getroffen worden, ob nun vom Fuß des Feldspielers oder vom Ball, sei unklar.
Fußball ist ein Kampfspiel mit erhöhtem Gefährdungspotential, bei dem es nicht selten beim gemeinsamen Kampf um den Ball zu Verletzungen kommt. Für die Verletzungen eines Mitspielers haftet der Gegner deshalb nur dann, wenn er schuldhaft gegen die Regeln des sportlichen Wettkampfs verstößt. Weil sich die Spieler aber der erhöhten Verletzungsgefahr beim kämpferisch ausgetragenen Fußballspiel bewusst sind, können sie für Verletzungen im Zusammenhang mit regelgerechten und sportlich fairem Einsatz des Gegners keinen Schadensersatz verlangen. Auch nur ganz geringfügige Regelverstöße bleiben in diesem Zusammenhang folgenlos.
Zur Abgrenzung werden hierbei die Regeln des Deutschen Fußballbundes herangezogen.
Der Verletzte muss also beweisen, dass sich sein Gegner im Spiel schuldhaft nicht regelgerecht verhalten hat. Die Hektik und Eigenart des Fußballspiels ist hierbei besonders zu berücksichtigen. Es reicht deshalb auch nicht aus, dass der Gegner den Regelverstoß mit einfacher Fahrlässigkeit begangen hat. Ein Schadensersatzanspruch kann vielmehr nur dann erfolgreich geltend gemacht werden, wenn die Regeln vorsätzlich oder grob fahrlässig verletzt worden sind.
Trotz der Anhörung der Parteien und der Vernehmung mehrerer Zeugen konnte das Gericht nicht genau klären, was in den letzten Sekunden des Spiels tatsächlich geschah. Den Nachweis des erforderlichen Regelverstoßes konnte der Kläger damit nicht erfolgreich führen. Darüber hinaus sah das Gericht auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für ein grob fahrlässiges oder gar vorsätzliches Verhalten des beklagten Gegenspielers, selbst wenn ein regelwidriges Verhalten vorgelegen haben sollte.
Die Klage blieb deshalb ohne Erfolg.
Die Entscheidung des Landgerichts zeigt, dass auch schwerwiegende Verletzungen im Rahmen eines kämpferisch ausgetragenen Fußballspiels nicht notwendig zu einem Schadensersatzanspruch des verletzten Spielers führen. Unabhängig davon, dass der Kläger hier seiner Beweispflicht nicht ausreichend nachkommen konnte, macht das Urteil deutlich, dass der typische Einsatz von Kampf und Geschicklichkeit beim Fußballspiel nicht selten zu unvermeidbaren Verletzungen führen kann. Es gelten deshalb weitgehende Haftungsfreistellungen zwischen den Spielern, die dazu führen, dass nicht jede im Spiel erlittene Verletzung eine Auseinandersetzung über Schadensersatzansprüche nach sich ziehen können soll.
(Landgericht Coburg, Urteil vom 27.10.2015, Aktenzeichen 23 O 58/15; rechtskräftig)