Amtsgericht Neu-Ulm
20.11.2008

Justizministerin Dr. Beate Merk: "Bachelor - nein danke!" / "Wir wollen Juristen nicht für die Arbeitslosigkeit ausbilden !"

Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk hat anlässlich der heutigen Behandlung des Themas "Juristenausbildung" auf der Justizministerkonferenz in Berlin bekräftigt, dass sie eine Umstellung des rechtswissenschaftlichen Staatsexamensstudiengangs auf eine Bachelor-/Master-Struktur entschieden ablehnt: "Die Justizministerkonferenz hat einer Übertragung des so genannten Bologna-Prozesses auf die universitäre Juristenausbildung 2005 eine klare Absage erteilt. Gründe, die heute zu einem anderen Ergebnis führen, kann ich auch nicht ansatzweise erkennen", so Merk.

"Einer der Hauptgründe für die entschiedene Ablehnung der Übertragung des Bachelor-/Master-Systems auf die Juristen ist für mich, dass es für Bachelor-Juristen keine nennenswerten Berufsperspektiven gibt", so Merk weiter. "Die Bologna-Befürworter haben für ihre Behauptung, der Markt warte nur auf Bachelor-Juristen, bislang keinerlei Nachweis erbringen können. Im Gegenteil: In Bayern wurden potentielle Arbeitgeber für Juristen in Wirtschaft und Anwaltschaft befragt. Das Ergebnis war eindeutig: Der Arbeitsmarkt will Volljuristen, die ihre Kompetenz und ihre Fähigkeit zu rechtsgebietsübergreifendem Denken durch zwei Staatsexamina nachgewiesen haben. Einen Bedarf an juristisch ausgebildeten Hilfskräften für "Schnittstellen"-Positionen in der Wirtschaft oder Assistenztätigkeiten in Anwaltskanzleien gibt es allenfalls in geringem Umfang. Er würde bei weitem nicht ausreichen, um jährlich bis zu 8.000 Jura-Bachelors unterzubringen! Wer Bachelor/Master in Jura fordert, nimmt damit billigend in Kauf, jedes Jahr Tausende junger Menschen in die Arbeitslosigkeit auszubilden."

"Das eigentliche Ziel des Bologna-Prozesses, die Studenten innerhalb Europas mobiler zu machen, erreichen wir in den Rechtswissenschaften übrigens auch ohne Bologna" so Merk. "Kaum irgendwo ist die Auslandsorientierung im Studium bereits heute so ausgeprägt wie in Jura. In keinem anderen Fach werden so viele Auslandsaufenthalte in das Studium integriert wie bei den Juristen: 22 % aller Jurastudenten verbringen einen Teil ihres Studiums im Ausland, die Durchschnittsquote bezogen auf alle Studiengänge liegt dagegen bei nur etwa 14 %."

Hintergrund:

In der sog. "Erklärung von Bologna" vom 19. Juni 1999 haben die europäischen Bildungsminister erklärt, bis zum Jahr 2010 einen einheitlichen europäischen Hochschulraum schaffen zu wollen, u.a. um die Mobilität der Studierenden innerhalb Europas zu fördern. Dazu soll ein einheitliches Studiensystem eingerichtet werden, das sich auf zwei Zyklen (Bachelor- und Masterstudium) stützt. Bereits der Abschluss des ersten Zyklus (Bachelor) nach drei bis maximal vier Jahren soll berufsqualifizierend sein. Seit Jahren wird diskutiert, ob sich diese Struktur auf die deutsche Juristenausbildung übertragen lässt. Diese besteht derzeit aus einem rechtswissenschaftlichen Studium und einer anschließenden Praxisphase (Referendariat), an deren Ende jeweils eine Staatsprüfung steht, die in Europa hohes Ansehen genießt.

Die Justizministerkonferenz hat im November 2005 beschlossen, dass eine Übernahme der Ziele der Bologna-Erklärung derzeit nicht sinnvoll ist, weil die rechtswissenschaftliche Ausbildung entscheidend durch das jeweilige nationale Recht geprägt ist. Außerdem seien die Berufsperspektiven für die mit dem Bachelor abgehende große Mehrzahl der Studierenden nicht erkennbar.

Heute steht das Thema erneut auf der Tagesordnung der Justizministerkonferenz. Bayerns Justizministerin Beate Merk kämpft seit Jahren nachdrücklich dafür, im Interesse des rechtssuchenden Bürgers und der auszubildenden Juristen an der ablehnenden Haltung festzuhalten, und wird sich weiter dafür einsetzen.

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… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?