Amtsgericht Neu-Ulm
07.08.2009

11 Wochen sind knapp, aber sie hätten in diesem Fall ausreichen müssen Strengere Kontrolle der Verfahrensabläufe

Die von Justizministerin Dr. Beate Merk veranlasste Prüfung der Verfahrensabläufe im Zusammenhang mit dem Fall Oswald A. hat ergeben, dass der zuständige Staatsanwalt seit Beginn des Strafvollstreckungsverfahrens den wegen seiner Tragweite bedeutenden Fall sorgfältig unter Beachtung der besonderen Eilbedürftigkeit bearbeitet hat. Die Überprüfung hat aber gezeigt, dass es auch im Bereich der Staatsanwaltschaft zu einer deutlichen Verzögerung gekommen ist.

Dr. Beate Merk: "Dass es dazu überhaupt kommen konnte, ist für mich nicht hinnehmbar. Es zeigt, dass in solchen Fällen besondere Kontrollen erforderlich sind."

Das Justizministerium hat daher eine Änderung des bisherigen Verfahrens veranlaßt. Künftig muss der zuständige Staatsanwalt persönlich diese Kontrolle in die Hand nehmen. Im vorliegenden Fall hat sich der zuständige Staatsanwalt persönlich dafür eingesetzt, trotz der knappen verbliebenen Zeit ab dem 19. September 2008 noch eine rechtzeitige Entscheidung bis zum 5. Dezember 2008 zu ermöglichen.

Justizministerin Dr. Merk: "11 Wochen sind knapp, hätten in einem solchen Fall aber durchaus ausreichen müssen. Ich weiß, dass ein Gutachten Zeit braucht, ich weiß aber auch, dass es bei nötigem Nachdruck machbar gewesen wäre", so Merk. "Es macht mich zutiefst betroffen, dass in diesem Fall der Verurteilte nach Verbüßung seiner Haftstrafe im Februar 2011 aus der Strafhaft entlassen werden muss."

Sachverhalt:
Oswald A. vom Landgericht München II am 10. Dezember 2006 wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 5 Jahren verurteilt worden. Im Urteil wurde zudem die Sicherungsverwahrung vorbehalten. Eine solche Entscheidung sieht das Gesetz vor, wenn zum Zeitpunkt des Urteils noch nicht sicher feststeht, ob der Täter für die Allgemeinheit gefährlich ist. Die Entwicklung des Verurteilten im Strafvollzug kann dann zunächst beobachtet werden, um später zu einer fundierteren Einschätzung zu gelagen.

Über die Frage, ob tatsächlich die Sicherungsverwahrung angeordnet werden muss, hat das Gericht spätestens 6 Monate, bevor zwei Drittel der Freiheitsstrafe verbüßt sind, zu entscheiden. Im vorliegenden Fall endete diese Frist am 5. Dezember 2008.

Der zuständige Staatsanwalt hatte im Zuge des Verfahrens am 5. Mai 2008 die zuständige Justizvollzugsanstalt angeschrieben und angeordnete, die Akten eine Woche später wieder vorzulegen. Dies unterblieb aufgrund eines Geschäftsstellenversehens. Die Akte wurde erst wieder am 18. September 2008 vorgelegt. Bereits einen Tag später, am 19. September 2008, beantragte die Staatsanwaltschaft München II beim Landgericht, ein Sachverständigengutachten einzuholen und Termin zur Hauptverhandlung zu bestimmen. Am gleichen Tag telefonierte der zuständige Staatsanwalt mit dem Gericht und kündigte den Antrag vorab mündlich an. Dabei wies er auf die besondere Eilbedürftigkeit hin. Er schlug darüber hinaus einen Sachverständigen vor, der in der Lage sein dürfte, auch innerhalb der kurzen Frist ein fundiertes Gutachten zu erstellen. Auf das Angebot des Staatsanwalts, hier persönlich helfend zur Seite zu stehen, ging das Gericht jedoch nicht ein. Am 22. Oktober 2008 fragte die Staatsanwaltschaft schriftlich, am 21. November 2008 nochmals telefonisch gegenüber dem Gericht nach dem Sachstand. Gleichwohl wurde Termin zur Hauptverhandlung bis zum Fristablauf nicht bestimmt.

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