Amtsgericht Neu-Ulm
17.12.2009

Bayerns Justizministerin gibt sich mit der Entscheidung der Kleinen Kammer des Europäischen Gerichtshofs nicht zufrieden / Merk fordert Bundesregierung auf, Entscheidung von der Großen Kammer überprüfen zu

Im Januar 1998 hatte der Gesetzgeber beschlossen, dass eine Sicherungsverwahrung, die zuvor maximal 10 Jahre betragen durfte, künftig auch über diesen Zeitraum hinaus andauern kann. Sexual- und Gewaltstraftäter dürfen seither auf unbegrenzte Zeit in Sicherungsverwahrung behalten werden, solange von ihnen eine hohe Gefahr ausgeht. Das Gesetz sollte nicht nur für neue Fälle gelten, sondern auch diejenigen Verurteilten erfassen, die zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits in Haft waren. Die Kleine Kammer des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) hat jetzt entschieden, dass diese Erstreckung auf sogenannte "Altfälle" gegen die Menschenrechtskonvention verstößt. Dazu Bayerns Justiz- und Verbraucherschutzministerin Dr. Beate Merk: "Ich fordere die Bundesregierung dringend auf, die Entscheidung der Kleinen Kammer durch die Große Kammer des EGMR überprüfen zu lassen. Aufgrund ihrer möglichen gravierenden Auswirkungen auf die Sicherheit der Bevölkerung kann die Entscheidung nicht einfach hingenommen werden."

Allein in Bayerns Gefängnissen sitzen derzeit 15 schwere Sexual- und Gewaltverbrecher, gegen die bereits zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung Sicherungsverwahrung angeordnet worden war und die daher von der heute veröffentlichten Entscheidung betroffen sein könnten. Würden sie sich weiterhin auf eine Höchstdauer von 10 Jahren berufen können, müssten sie trotz fortbestehender Gefährlichkeit entlassen werden.

Merk sieht Chancen, die Entscheidung in der nächsten Instanz noch korrigieren zu können. "Das Bundesverfassungsgericht hatte die Dauer der Unterbringung in dem jetzt vorliegenden Fall nicht beanstandet. Auch ich gehe daher nach wie vor davon aus, dass die Fortdauer der Sicherungsverwahrung in solchen Fällen rechtmäßig ist. Die Menschen in Deutschland erwarten von der Politik einen effektiven Schutz vor gefährlichen Sexual- und Gewaltstraftätern. Die Bundesregierung ist jetzt gefordert, hierfür vor der Großen Kammer zu kämpfen."

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