Amtsgericht Neu-Ulm
15.05.2009

BayVerfGH weist die Popularklage eines Straubinger Gefan-genen gegen das Bayerische Strafvollzugsgesetz ab / Jus-tizministerin Merk erkennt "Wettbewerb der Konzepte statt Wettlauf der Schäbigkeit."


Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk sieht in der Entscheidung des Baye-rischen Verfassungsgerichtshofes, mit der die Popularklage eines Straubinger Gefangenen gegen das Bayerische Strafvollzugsgesetz abgewiesen wurde, eine ausdrückliche Bestätigung der bisherigen bayerischen Vollzugspolitik: "Mit der Entscheidung steht fest: Im bayerischen Strafvollzug stehen Schutz der Allgemeinheit und Resozialisierung der Gefangenen gleichberechtigt ne-beneinander. Unser Ziel, diese Gleichrangigkeit im Bayerischen Strafvollzugs-gesetz entsprechend deutlich festzulegen, ist nunmehr auch höchstrichterlich ausdrücklich als verfassungsgemäß bestätigt worden."
Merk weiter: "Das Bayerische Strafvollzugsgesetz bietet auch sonst keinerlei Anhaltspunkte für eine Abkehr vom Resozialisierungsauftrag. Im Gegenteil: die weitest reichende Änderung im Vergleich zum früheren Bundesstrafvoll-zugsgesetz ist die erhebliche Ausweitung der Sozialtherapie. Auf meinen Vor-schlag haben wir uns in Bayern dafür entschieden, derjenigen Maßnahme, die bei der Behandlung von Sexual- und Gewaltstraftätern die besten Erfolge zeigt, deutlich mehr Raum zu geben. Der bayerische Gesetzgeber hat damit bewusst im Bereich der Behandlung der Gefangenen deutlich stärkere Akzen-te gesetzt als der Bundesgesetzgeber dies in seinem Strafvollzugsgesetz ge-tan hat."

Kritiker der Übertragung der Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug vom Bund auf die Länder hatten befürchtet, dass die Länder die erheblichen Kosten des Vollzugs reduzieren würden und daher von einem drohenden "Wettlauf der Schäbigkeit" gesprochen. Merk sieht diese Unkenrufe widerlegt: "Tatsächlich ist es zu einem Wettbewerb um das beste Vollzugskonzept ge-kommen."

Hintergrund:
Das am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Bayerische Strafvollzugsgesetz ist Folge der ersten Stufe der Föderalismusreform, mit der den Ländern die Gesetzgebungs-kompetenz für den Strafvollzug übertragen wurde, und einer Entscheidung des Bun-desverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006, in der festgestellt wurde, dass der Ju-gendstrafvollzug auf eine ausreichende gesetzliche Grundlage gestellt werden muss. Das Bayerische Strafvollzugsgesetz regelt in einem Gesamtpaket sowohl den Er-wachsenenstrafvollzug als auch den Jugendstrafvollzug. Die meisten anderen Länder haben sich bislang auf eine Regelung des Jugendstrafvollzugs beschränkt. Im Er-wachsenenvollzug wurden die Regelungen des Strafvollzugsgesetzes des Bundes für Bayern fortentwickelt. Dabei wurden dort normierte Standards, insbesondere im Hin-blick auf die Behandlung, beibehalten und im Interesse eines bestmöglichen Schutzes der Bevölkerung gezielt angehoben.

Art. 2 BayStVollzG lautet: "Der Vollzug der Freiheitsstrafe dient dem Schutz der All-gemeinheit. Er soll die Gefangenen befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Behandlungsauftrag)." Mit dieser Bestimmung sollte ausweislich der Gesetzesbegründung nicht nur die Gleichrangigkeit der Sicherheit der Allgemeinheit und der Resozialisierung deutlich herausgestellt, sondern an exponier-ter Stelle besonders hervorgehoben werden, dass die Gefangenen während des Frei-heitsentzuges eine Behandlung erfahren sollen, die sie befähigt, künftig ein Leben in sozialer Verantwortung ohne Straftaten zu führen.

Dieser Behandlungsauftrag wird besonders deutlich im Kernstück des Gesetzes, näm-lich dem Ausbau der Sozialtherapie im Erwachsenenvollzug und deren Einführung im Jugendstrafvollzug. Art. 11 und 132 BayStVollzG sind die rechtlichen Grundlagen für die Sozialtherapie als eine besonders behandlungsorientierte Form des Vollzuges von Freiheitsstrafen und im Jugendstrafvollzug. Die integrative Sozialtherapie unterschei-det sich von den zahlreichen Behandlungsangeboten im Normalvollzug vor allem durch die systematische Verknüpfung psychotherapeutischer, pädagogischer und ar-beitstherapeutischer Vorgehensweisen. Wissenschaftliche Rückfallstudien haben er-geben, dass die Sozialtherapie die wirksamste Behandlungsmaßnahme für Sexual- und Gewaltstraftäter ist.

Das Bayerische Strafvollzugsgesetz macht eine erhebliche Ausweitung der sozialthe-rapeutischen Behandlungskapazitäten für gefährliche Gefangene erforderlich. Es sol-len daher in den nächsten Jahren in den Justizvollzugsanstalten Aichach (für Frauen), Amberg, Bernau, Kaisheim, München, Niederschönenfeld, Nürnberg und Straubing neue sozialtherapeutische Abteilungen für Gewaltstraftäter mit insgesamt zusätzlichen 152 Haftplätzen sowie im Jugendstrafvollzug in den Justizvollzugsanstalten Laufen-Lebenau, Ebrach und Neuburg-Herrenwörth weitere 40 zusätzliche Behandlungsplät-ze für junge Gefangene eingerichtet werden. Die geschätzten Bau- und Ausstattungs-kosten für die geplanten rd. 200 neuen Plätze in der Sozialtherapie liegen bei etwa 17 Mio. Euro, rd. 160 zusätzliche Stellen im Bereich der Fachdienste und des allgemei-nen Vollzugsdienstes werden benötigt.

Bis Ende des Jahres 2009 sollen bereits 66 dieser Behandlungsplätze - zum Teil in provisorischen Abteilungen - in Betrieb gehen (Aichach 16 Plätze, Ebrach 10 Plätze, München 16 Plätze, Kaisheim 16 Plätze, Neuburg-Herrenwörth 8 Plätze). Hierfür wur-den im Doppelhaushalt 2009/2010 und den dort für die Umsetzung der Vorgaben des Bayerischen Strafvollzugsgesetzes vorgesehenen 80 Stellen die Voraussetzungen geschaffen. Der weitere Ausbau der Sozialtherapie mit dann noch 126 Plätzen soll Zug um Zug möglichst bis Ende 2012 realisiert werden. Dazu müssen noch rd. 100 weitere Stellen in den nächsten Doppelhaushalten ausgebracht werden.

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