Amtsgericht Neu-Ulm
11.06.2010

Merk kritisiert Vorschläge zur Sicherungsverwahrung als unzureichend / "Gesetzgeber muss Regelung für Altfälle treffen "

Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk hält die Vorschläge von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zur Reform der Sicherungsverwahrung für zu kurz gegriffen. Einige Ansätze seien durchaus unterstützenswert. Es fehle jedoch ein Konzept für die sogenannten "Altfälle". Merk: "Begrüßenswert ist die geplante Ausweitung der Sicherungsverwahrung für Ersttäter, ohne dass im Vollzug neue Tatsachen zur Gefährlichkeit auftreten müssen. Das wird in Zukunft viele kritische Fälle von Anfang an auf das richtige Gleis setzen. Der Entwurf lässt die Justiz aber gerade mit denjenigen Problemen im Regen stehen, die im Moment am drängendsten sind. Eine Regelung, wie man mit denjenigen hochgefährlichen Straftätern umgehen soll, die potentiell von der Straßburger Entscheidung zum Rückwirkungsverbot betroffen sind, fehlt leider völlig."

Das sei umso bedauerlicher, als Vorschläge hierzu bereits seit längerem auf dem Tisch lägen. "Ich habe unmittelbar nach der Entscheidung des EGMR ein Konzept vorgestellt, wie der Gesetzgeber die Altfälle in den Griff bekommen könnte, wie man über ein völlig neu ausgestaltetes Rechtsinstitut einer "Sicherheitsunterbringung" die vom EGMR aufgestellten Hürden nehmen könnte," so Merk. Auch die CDU/CSU - Bundestagsfraktion fordert eine solche Neukonzeption. Das Bundesjustizministerium will mit seinem Entwurf dagegen überhaupt keine Regelung für Altfälle treffen. Dazu Merk: "Ich halte es für nicht vertretbar, die Gerichte mit der unklaren Rechtslage alleine zu lassen. Die Frage der Bindungswirkung der EGMR-Entscheidung für Parallelfälle ist nach wie vor offen, einige Gerichte lassen Sicherungsverwahrte frei, andere Gerichte lassen sie inhaftiert. In einer für die Bevölkerung so wichtigen Frage muss der Gesetzgeber selbst die entscheidenden Antworten geben und jetzt eine klare gesetzliche Grundlage für die weitere, sichere Unterbringung dieser hochgefährlichen Straftäter schaffen," so Merk.

Merk nahm auch die gestern veröffentliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs, der einen 61-jährigen Sexualstraftäter aus der nachträglichen Sicherungsverwahrung entlassen hatte, als Beleg für bestehenden Handlungsbedarf: "Wenn die Entscheidung des EGMR nun auch auf Fälle der nachträglichen Sicherungsverwahrung durchschlägt, verschärft sich die Problematik nochmals. Die Entscheidung zeigt, dass die Sicherungsverwahrung in bestimmten Konstellationen für die Praxis kaum mehr handhabbar ist. Wir können nicht tatenlos zusehen, wie ein hochgefährlicher Triebtäter nach dem anderen aus kompliziertesten juristischen Gründen entlassen wird. Ein neues Rechtsinstitut der Sicherheitsunterbringung könnte die Sicherungsverwahrung komplett ersetzen und die verfassungs- und europarechtlichen Probleme der Sicherungsverwahrung beseitigen."

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