Juristische Standardwerke von Namensgebern, die in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt haben, werden umbenannt und weitere Namensgeber überprüft / Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Das ist eine bedeutsame Entscheidung. Die Umbenennung ist notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten."
Der Verlag C.H. Beck hat heute (27. Juli) angekündigt, juristische Standardwerke von Namensgebern, die in der NS-Zeit eine aktive Rolle gespielt haben, umzubenennen. Dazu gehören "Palandt" und "Schönfelder" – der wohl wichtigste Kurzkommentar des Bürgerlichen Gesetzbuchs und die bekannte Gesetzessammlung. Aber auch Theodor Maunz, Begründer des Grundgesetzkommentars Maunz/Dürig. Der bayerische Justizminister, der Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung Dr. Ludwig Spaenle und der Verlag C.H. Beck haben sich hierzu in den vergangenen Monaten vertrauensvoll ausgetauscht. Im Frühjahr dieses Jahres hat Minister Eisenreich eine – auch seitens des Verlags C.H. Beck ausdrücklich begrüßte – Studie zu den Namensgebern der Standardwerke Palandt und Schönfelder in Auftrag gegeben.
Der Minister: "Das ist eine bedeutsame Entscheidung. Die Umbenennung ist notwendig: Namensgeber für Gesetzessammlungen und Kommentare müssen integre Persönlichkeiten sein. Keine Nationalsozialisten."
Mit den beiden Standardwerken arbeiten seit Jahrzehnten die überwiegende Zahl der Juristinnen und Juristen u. a. bei Gerichten und Staatsanwaltschaften, bei Behörden oder in Rechtsanwaltskanzleien und Unternehmen. Die beiden Namensgeber Otto Palandt und Heinrich Schönfelder waren in der Zeit des Nationalsozialismus Herausgeber der beiden Standardwerke. Dies wurde in der Öffentlichkeit schon seit längerem kritisch diskutiert. Eisenreich: "Der Verleger Dr. Hans Dieter Beck hat eine klare Entscheidung getroffen, die ich für notwendig halte und ausdrücklich begrüße."
Der Minister: "Wir tragen in Deutschland eine besondere historische Verantwortung. Antisemitismus und Rechtsextremismus haben in unserer Gesellschaft keinen Platz. Ich halte es daher für unerlässlich, dass das historische Bewusstsein für das nationalsozialistische Unrecht in allen Bereichen geschärft wird. Der NS-Unrechtsstaat und die menschenverachtenden Verbrechen waren auch deshalb möglich, weil sich nicht wenige Juristen, die eigentlich Recht und Gesetz verpflichtet waren, in den Dienst des Regimes gestellt haben. Wir müssen aus dem dunkelsten Kapitel unserer Vergangenheit und dem beispiellosen Zivilisationsbruch lernen und uns mit den gravierenden Folgen eines von rechtsstaatlichen und ethischen Maßstäben losgelösten juristischen Handelns auseinandersetzen."
Hintergrund:
Der bayerische Justizminister hat im Frühjahr dieses Jahres eine Studie über Otto Palandt (Präsident des Reichsjustizprüfungsamts) und Heinrich Schönfelder bei dem renommierten Institut für Zeitgeschichte (IfZ) unter der Leitung von Professor Andreas Wirsching in Auftrag gegeben. Die Untersuchung erstreckt sich nicht auf Theodor Maunz, Begründer des Grundgesetzkommentars Maunz/Dürig. Seine aktive Rolle in der NS-Zeit wurde bereits wissenschaftlich aufgearbeitet.
Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".
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… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?