Amtsgericht Neu-Ulm
01.08.2024

25 Jahre IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz / Feierstunde in Amberg / Bayerns Justizminister Georg Eisenreich gratuliert zum Jubiläum: "Wir treiben die Digitaloffensive der bayerischen Justiz weiter voran. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jus-IT leisten dazu einen unverzichtbaren und herausragenden Beitrag."

 

Vor 25 Jahren, am 1. August 1999, gründete die bayerische Justiz ihr IT-Servicezentrum, das seinen Sitz inzwischen in Amberg hat. Zum Jubiläum findet heute (1. August) eine Feierstunde statt. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich gratuliert: "Seit der Gründung des IT-Servicezentrums vor 25 Jahren ist viel geschehen. Wir treiben die Digitaloffensive der bayerischen Justiz weiter voran. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Jus-IT leisten dazu einen unverzichtbaren und herausragenden Beitrag. Dabei stehen wir aufgrund der Entwicklungen im Bereich generativer KI erst am Beginn eines neuen Zeitalters. Das führt zu großen Chancen, aber auch zu großen Herausforderungen. Die Potentiale von KI und Legal Tech wollen wir in der Justiz nutzen."

Das IT-Servicezentrum der bayerischen Justiz ist organisatorisch an das Oberlandesgericht Nürnberg angebunden. Der Präsident des Oberlandesgerichts Nürnberg, Dr. Thomas Dickert, in seiner Festansprache: "Die Geschichte des IT-Servicezentrums ist eine durchschlagende Erfolgsgeschichte. In den vergangenen 25 Jahren hat sich unglaublich viel entwickelt, auf das wir stolz sein dürfen und worauf wir aufbauen können. Dem Jus-IT prophezeie ich eine glanzvolle Zukunft. Denn die Digitalisierung ist ein fortschreitender Prozess, dessen Geschwindigkeit immer rasanter werden wird. Ohne den Einsatz modernster digitaler Mittel wird die Justiz angesichts der Vielzahl und Komplexität ihrer Aufgaben nicht arbeitsfähig bleiben. Dem Jus-IT wird also die Arbeit angesichts der fortschreitenden Digitalisierung auch in den nächsten 25 Jahren nicht ausgehen. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit mit dem Justizstandort Amberg."

Zu den großen Projekten des Jus-IT gehört aktuell die Einführung der elektronischen Akte in ganz Bayern. "In Bayern hat sich die E-Akte im Praxiseinsatz bewährt. Schon seit dem vergangenen Jahr arbeiten alle bayerischen Gerichte in Zivil-, Familien- und seit kurzem auch in Immobiliarvollstreckungs-, Betreuungs-, Grundbuch- und Insolvenzsachen vollständig mit der elektronischen Akte. Im Herbst 2024 sollen auch die Nachlassgerichte hinzukommen. Bis heute wurden bereits über eine Million Verfahren rein elektronisch geführt", so Justizminister Eisenreich. Neben der E-Akte setzt die Justiz auch auf den Einsatz von Videotechnik in Verhandlungen. Allein im Jahr 2023 gab es rund 13.000 Videoverhandlungen und -anhörungen im Freistaat.

Hintergrund zur Digitaloffensive von Bayerns Staatsminister der Justiz Georg Eisenreich:

  • Elektronischer Rechtsverkehr: Der elektronische Rechtsverkehr ist bei allen bayerischen Gerichten und Staatsanwaltschaften eingeführt.

  • Videoverhandlungen: Seit Juli 2021 haben alle 99 ordentlichen Gerichte in Bayern Zugang zu einer Videokonferenzanlage. Daneben setzt die Justiz auf ein Videokonferenz-Tool, das bayernweit freigegeben wurde. Allein im Jahr 2023 gab es rund 13.000 Videoverhandlungen und -anhörungen im Freistaat.

  • Einführung der E-Akte: Bis 1. Januar 2026 muss die elektronische Akte deutschlandweit eingeführt sein. In Bayern müssen 127 Standorte mit etwa 15.000 Arbeitsplätzen mit der E-Akte ausgestattet werden. Die Regeleinführung der E-Akte an allen bayerischen Gerichten in Zivil-, Familien- und Immobiliarvollstreckungs- sowie in Betreuungs-, Grundbuch- und Insolvenzsachen ist abgeschlossen. Geplant ist, die Regeleinführung in Nachlass- und Strafsachen im Herbst 2024 zu beginnen. Bis heute wurden bereits über eine Million Verfahren rein elektronisch geführt.

  • Start-up-Gründung: Auf Initiative des Justizministers hat die bayerische Justiz 2022 gemeinsam mit dem Innovations- und Gründungszentrum UnternehmerTUM das "Legal Tech Colab" ins Leben gerufen – einen Inkubator und Accelerator für Start-ups im Legal-Tech-Bereich (Pressemitteilung hier abrufbar).

  • Neue Digitalabteilung im Justizministerium: Justizminister Eisenreich hat zum 1. April 2023 eine neue Abteilung "Digitalisierung und Innovation" eingerichtet (Pressemitteilung hier abrufbar). Zudem wurde im Juli 2023 ein neues Referat für Legal Tech und Künstliche Intelligenz geschaffen.

  • Interdisziplinäre Vernetzung und Austausch: Im März 2018 wurde die "Denkfabrik Legal Tech" gegründet, die über 600 Juristinnen und Juristen sowie IT-Expertinnen und -Experten aus Justiz, Wirtschaft, Anwaltschaft und Forschung vernetzt. Ziel ist es, die Kenntnisse über Einsatzmöglichkeiten moderner Legal-IT-Tools zu vertiefen.

  • Neues Berufsfeld für Referendarinnen und Referendare: Seit Juli 2023 können Referendarinnen und Referendare in Bayern das neue Berufsfeld "IT-Recht und Legal Tech" wählen (Pressemitteilung hier abrufbar).

  • Beteiligung an der Fortentwicklung innovativer Ermittlungswerkzeuge: Die bayerische Justiz beteiligte sich gemeinsam mit Spitzenforschern aus den Niederlanden an der Fortentwicklung des "Dark Web Monitor" – einer Art Suchmaschine für das Darknet. Im Juni 2022 stiegen auch Wiener Blockchain-Spezialisten in das Projekt ein: Mit dem Analyse-Tool GraphSense können die Ermittler besser der Spur des Geldes folgen, wenn z. B. für Kinderpornografie mit Bitcoins bezahlt wird. Zudem ist die bayerische Justiz mit österreichischen Spitzenforschern seit August 2023 dabei, den Fake-Shop-Detector auf die besonderen Anforderungen der Strafverfolgungsbehörden zuzuschneiden und weiterzuentwickeln (Pressemitteilung hier abrufbar). Seit diesem Sommer pilotiert die Justiz gemeinsam mit der niederländischen Forschungsgesellschaft TNO den "Big Phish", ein Tool das frühzeitig Phishing-Domains im Internet aufspüren soll (Pressemitteilung hier abrufbar).

  • Automatisierte Anonymisierung von Urteilen: Ziel eines vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz unterstützten, inzwischen erfolgreich abgeschlossenen Forschungsprojekts mit der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg war es, in Zukunft in geeigneten Fachbereichen eine größere Anzahl von Urteilen veröffentlichen zu können.

  • Software zur juristischen Aktenstrukturierung: Das Bayerische Justizministerium hat zudem bereits die Entwicklung eines Projekts für eine Software zur juristischen Aktenstrukturierung in Auftrag gegeben und erfolgreich ausgeschrieben. Die Software wird Entscheiderinnen und Entscheidern als Hilfsmittel bei der juristischen Fallbearbeitung dienen. Die Software wird voraussichtlich noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen.

  • Erprobung innovativer Legal Tech-Anwendungen zur Unterstützung von Richterinnen und Richtern bei Massenverfahren: Richterinnen und Richter bei den Landgerichten München I und Ingolstadt haben eine Anwendung zur Unterstützung in erstinstanzlichen Dieselverfahren getestet. Bei dem Amtsgericht Erding wird gegenwärtig eine Software zur Unterstützung in Fluggastrechteverfahren getestet. Bei dem Oberlandesgericht München soll demnächst die Erprobung einer Software zur Unterstützung in zweitinstanzlichen Dieselverfahren beginnen.

  • Reallabor Basisdokument: Bayern und Niedersachsen haben in einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Universität Regensburg eine Anwendung zur digitalen Aufbereitung des Parteivortrags entwickelt und an mehreren Landgerichten erfolgreich erprobt. In dem Basisdokument wird der gesamte Streitstoff übersichtlich und stets aktuell abgebildet.

  • Grundlagenforschung im Bereich Large Language Models (LLMs): In Zusammenarbeit mit Nordrhein-Westfalen sollen erste Erfahrungen mit generativen Sprachmodellen für die Justiz gesammelt werden – wissenschaftlich begleitet von der Technischen Universität München und der Universität zu Köln.

  • Automatisierte Textanalyse: Bis Ende September 2023 wurde am Landgericht Ingolstadt der Einsatz eines automatisierten Textanalysetools evaluiert. Die Pilotierung zeigte vielversprechende Ergebnisse. Ein Textanalysetool könnte insbesondere für die Serviceeinheiten eine spürbare Entlastung bringen. Aufgrund der vielversprechenden Pilotierungsergebnisse wird derzeit ein Vergabeverfahren zur Beschaffung im Rahmen einer länderübergreifenden Kooperation vorbereitet.

  • Bayerns Justizminister Georg Eisenreich hat zudem zahlreiche rechtspolitische Initiativen auf den Weg gebracht. So wurde beispielsweise im Jahr 2022 auf Initiative von Staatsminister Georg Eisenreich der Digitalgipfel des Bundes und der Länder eingerichtet: Beim dritten Digitalgipfel von Bund und Ländern, der im Vorfeld der Justizministerkonferenz im Herbst 2023 stattfand, haben Bund und Länder auf bayerische Initiative beschlossen, eine von Bund und Ländern gemeinsam besetzte Reformkommission einzusetzen. Die Reformkommission wird unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertretern der Richterschaft, der Anwaltschaft, der Wissenschaft, der Verbraucher, der Wirtschaft und des Legal Tech Verbandes sowie des EDV-Gerichtstages Vorschläge für den Zivilprozess der Zukunft erarbeiten. Die Kommission hat ihre Arbeit am 1. Juli 2024 aufgenommen.

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