Amtsgericht Neu-Ulm
06.10.2024

Ein Jahr nach dem Terror-Angriff der Hamas auf Israel / Schlimmste Antisemitismus-Welle seit dem Zweiten Weltkrieg / 348 Ermittlungsverfahren bei den bayerischen Spezialstaatsanwälten seit dem 7. Oktober 2023 / Justizminister Eisenreich: "Wir stehen unverbrüchlich an der Seite der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land."

Morgen vor einem Jahr (7. Oktober 2023) starteten Terrorkommandos der Hamas einen brutalen und menschenverachtenden Angriff auf Israel, bei dem mehr als 1.200 Menschen starben. Seitdem hat der Antisemitismus einen neuen Höchststand erreicht. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Deutschland und die Welt erleben nach dem 7. Oktober 2023 die schlimmste Welle von Antisemitismus seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Judenhass gibt es an den Rändern, in der Mitte der Gesellschaft und unter Zuwanderern. Der Rechtsstaat muss klare Grenzen setzen und Jüdinnen und Juden schützen." Der Minister weiter: "Wir verfolgen antisemitische Straftaten konsequent. Unsere Staatsanwältinnen und Staatsanwälte haben seit dem 7. Oktober 2023 bereits 348 Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit dem Terror-Angriff der Hamas eingeleitet."

Die bayerische Justiz verstärkt ihre Strukturen im Kampf gegen Antisemitismus kontinuierlich. Im Oktober 2021 hat Justizminister Eisenreich einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten bestellt, der die nachdrückliche und konsequente Verfolgung antisemitischer Straftaten durch alle bayerischen Staatsanwaltschaften koordiniert. Er ist bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München angesiedelt und wird durch bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften benannte Ansprechpartner Antisemitismus unterstützt. Gemeinsam mit der Bayerischen Polizei führte der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Justiz am 21. November 2023 nur wenige Wochen nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel einen Aktionstag gegen antisemitische Straftaten durch. In 17 Wohnungen bayernweit vollzogen Staatsanwälte und Polizeibeamte richterliche Durchsuchungsbeschlüsse und stellten umfangreiches Beweismaterial sicher.

Bei jedem Anfangsverdacht von Straftaten wie Volksverhetzung oder der Billigung von Straftaten schreiten die Staatsanwaltschaften konsequent ein. Wer etwa die Parole "From the river to the sea" verwendet, muss in Bayern mit Ermittlungen rechnen. Das Verbreiten bzw. öffentliche Verwenden dieser Parole etwa über soziale Medien wie Facebook oder Tiktok begründet nach Auffassung der bayerischen Staatsanwaltschaften einen Anfangsverdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen. Das Amtsgericht Sonthofen hat diese Linie bestätigt und einen Angeklagten deswegen verurteilt. Es ist die bundesweit erste Entscheidung, die rechtskräftig wurde. Bislang gibt es in Bayern etwa ein Dutzend Verfahren wegen Verwendens der Hamas-Parole "From the river to the sea".

Bayern setzt sich auch rechtspolitisch gegen Antisemitismus ein. Ende November 2023 forderte der Freistaat den Bund im Rahmen einer Bundesratsinitiative auf, die sogenannte Sympathiewerbung für terroristische Vereinigungen wieder unter Strafe zu stellen (Pressemitteilung hier abrufbar). Eisenreich: "Nach dem 7. Oktober 2023 kam es in zahlreichen deutschen Städten zu Versammlungen, bei denen das barbarische Vorgehen gegen den Staat Israel und seine Bevölkerung gefeiert wurde. Wer den Terror der Hamas oder anderer terroristischer Organisationen bejubelt, verhöhnt das Leiden der Opfer auf unerträgliche Weise und bereitet den Nährboden für Gewalt."

Minister Eisenreich ist es ein persönliches Anliegen, dass sich Jüdinnen und Juden in Deutschland sicher fühlen können: "Wir stehen unverbrüchlich an der Seite der jüdischen Bürgerinnen und Bürger in unserem Land. Unsere Gedanken sind an diesem Jahrestag bei ihnen und bei den Menschen in Israel."

Hintergrund

Das Maßnahmenbündel der Justiz gegen antisemitische Straftaten:

  • 2018 wurden drei Antisemitismus-Beauftragte der Bayerischen Justiz bei den drei Generalstaatsanwaltschaften München, Nürnberg und Bamberg eingesetzt. Ende des Jahres 2021 wurden bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner Antisemitismus etabliert. Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz daneben einen Zentralen Antisemitismusbeauftragten.

  • Auf Initiative Bayerns hat sich die Justizministerkonferenz im Frühjahr 2022 dafür eingesetzt, die Strukturen und die Vernetzung der Länderjustiz im Kampf gegen Antisemitismus weiter zu verstärken. Zum Schutz des jüdischen Lebens in Deutschland sollen die Länder prüfen, Antisemitismus-Beauftragte bei den (General-)Staatsanwaltschaften oder vergleichbare Strukturen zu etablieren (Pressemitteilung hier abrufbar).

  • Damit antisemitische Motive nicht im Dunkeln bleiben, haben die drei Antisemitismus-Beauftragten der bayerischen Generalstaatsanwaltschaften einen Leitfaden für Staatsanwälte entwickelt. Mit dem auch international beachteten Leitfaden können antisemitische Motive leichter entschlüsselt werden (z. B. anhand von Nazi-Jahrestagen oder Codes).

  • Bayern hat als erstes Bundesland in Deutschland die Arbeitsdefinition der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) angenommen.

  • Von Seiten der Justiz wurde gemeinsam mit der Bayerischen Polizei eine Informationskarte für Geschädigte von Hasskriminalität, insbesondere Antisemitismus, erstellt, welche bayernweit, vor allem an jüdische Haushalte verteilt wurde. Durch diese sollen überwiegend Geschädigte von antisemitischen Straftaten zur Anzeigenerstattung ermutigt werden. Zudem sollen Hilfsangebote unterbreitet werden.

  • Bayern hat sich auch rechtspolitisch in Berlin eingesetzt: Eine judenfeindliche Motivation wird im Gesetz ausdrücklich als strafschärfendes Tatmerkmal genannt. Die Bundesregierung hat den Vorschlag aus dem Freistaat im Jahr 2020 aufgegriffen (§ 46 Absatz 2 Strafgesetzbuch).

(Pressemitteilung hier abrufbar).

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