Erfolgreicher Abschluss der 95. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister in Berlin / Ministerin Dr. Kathrin Wahlmann: "Wegweisende Vorhaben für die Zukunft"
"Wir haben hier in Berlin an die erfolgreiche Frühjahrskonferenz in Hannover angeknüpft und wieder zahlreiche wegweisende Vorhaben auf den Weg gebracht. Wir erleben gerade eine turbulente Zeit, sowohl im In- als auch im Ausland. Umso wichtiger ist es, dass wir als Justiz mit starker und vereinter Stimme sprechen und unsere Interessen als Dritte Staatsgewalt selbstbewusst vertreten. Das ist uns hervorragend gelungen und ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen aus den Ländern für die vertrauensvolle und produktive Zusammenarbeit", so fasste die Vorsitzende der 95. Justizministerkonferenz und Niedersächsische Justizministerin Dr. Kathrin Wahlmann die Ergebnisse der heute zu Ende gegangenen Justizministerkonferenz zusammen. Über 60 Themen standen auf der Tagesordnung der Herbstkonferenz, die von den 16 Landesjustizministerinnen und -ministern behandelt und diskutiert wurden. Mit insgesamt 34 beschlossenen Initiativen haben die Länder erneut wichtige Justiz-Vorhaben für die Zukunft auf den Weg gebracht.
"Die Konferenz stand ganz im Zeichen von Bürgernähe. Wir haben zahlreiche Beschlüsse gefasst, die sich an den Bedürfnissen und Problemen der Menschen in unserem Land orientieren. Ob die Verlängerung der Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften, die Abschaffung von Gebühren für Mietvertragsausfertigungen oder der Abbau bürokratischer Hürden im Betreuungsrecht: Unser Ziel ist es, das Leben der Bürgerinnen und Bürger einfacher zu machen", so Dr. Wahlmann. Aber auch die Stärkung von Ermittlungsbehörden nahm einen zentralen Punkt bei der Konferenz in Berlin ein: "Damit wir als Justiz am Ende die Täterinnen und Täter vor Gericht stellen und verurteilen können, brauchen wir effektive Ermittlungs- und Fahndungsinstrumente. Auch hier haben wir gemeinsam Einiges erreichen können, etwa bei der gesetzlichen Regelung des DNA-Einmalabgleichs mit der DNA-Analysedatei oder der Verbesserung der Ermittlungsmöglichkeiten bei verschlüsselten Messenger-Diensten. Jetzt ist der Bund am Zug und muss rasch handeln."
Was die niedersächsischen Vorhaben betrifft, zeigt sich Dr. Wahlmann sehr zufrieden mit dem Ergebnis in Berlin: "Wir haben so gut wie all unsere Beschlussvorschläge durchbringen können, was mich als Niedersächsische Justizministerin natürlich sehr freut. Besonders wichtig war es mir, die Möglichkeiten der Telekommunikationsüberwachung bei Vergewaltigungen auszuweiten. Opfer einer Vergewaltigung zu werden, ist zweifelsohne eine der schlimmsten Erfahrungen, die man in seinem Leben machen kann. Deshalb sind wir es den Opfern schuldig, alles daran zu setzen, dass die Täter ermittelt und verurteilt werden können."
Auch mit Blick auf Straftaten im Internet konnte Niedersachsen mit seinen Beschlussvorschlägen überzeugen: "Wir haben uns dafür eingesetzt, dass große Plattformbetreiber wie Facebook und X mit empfindlichen Bußgeldern belegt werden, wenn sie Straftaten im Internet nicht konsequent melden. Das ist dringend erforderlich, um Hass und Hetze im Netz weiter erfolgreich die Stirn zu bieten", so Dr. Wahlmann.
Einen weiteren Erfolg konnte Niedersachsen bei der Vermögensabschöpfung bei öffentlichkeitswirksamen Straftaten verbuchen: "Wenn Täterinnen und Täter ihre Straftaten im Netz posten oder sogar live streamen, um sich damit öffentlich zu brüsten, steht das moralisch auf unterster Stufe. Noch schlimmer ist, wenn sie damit über die sozialen Netzwerke auch noch Geld verdienen. Hier besteht ganz dringend gesetzgeberischer Handlungsbedarf: Der Staat muss solche illegalen Einkünfte einziehen können. Ich freue mich sehr, dass meine Kolleginnen und Kollegen diese Initiative ebenfalls unterstützten. Der Bund ist nun am Zug, eine entsprechende gesetzliche Regelung zu schaffen."
Auch Hamburgs Justizsenatorin Anna Gallina (A-Koordinatorin) betonte die Bedeutung der Konferenz. Vor einem Jahr hatten die Justizministerinnen und Justizminister einen Beschluss zur Resilienz des Rechtsstaats und seiner Institutionen gefasst. In einer unter der Federführung Hamburgs eingerichteten Arbeitsgruppe ging es unter anderem um die Frage, wie die unabhängige Stellung und Funktionsfähigkeit des Bundesverfassungsgerichts besser vor Verfassungsfeinden geschützt werden könne. Gallina: "Das aktuelle Gesetzesvorhaben im Bund zu Änderungen des Grundgesetzes und des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes geht auf die Initiative der Länder zurück. Es zeigt, welch hohe Relevanz die Beratungen und Beschlüsse der Justizministerinnen und Justizminister haben. Es ist jetzt unerlässlich, dass die demokratischen Kräfte unseres Landes die Resilienz des Bundesverfassungsgerichts noch vor der Neuwahl stärken werden."
Die Konferenz nimmt auch immer die Bedürfnisse und Sorgen der Menschen in den Fokus, sagte Gallina. Beschlossen wurde eine Hamburger Initiative, wonach Mieterinnen und Mieter besser vor zusätzlichen Kosten beim Abschluss eines Mietvertrags geschützt werden sollen. Demnach sollen "Vertragsausfertigungsgebühren" oder ähnliche Einmalzahlungen durch eine eindeutige gesetzliche Regelung in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt unzulässig sein. Der Bund soll hier klare Regelungen schaffen.
Von der Konferenz gefordert werden zudem Verbesserungen für alleinstehende Frauen, die eine Behandlung in einer Kinderwunschklinik durchführen lassen wollen. Durch fehlende gesetzliche Regelungen bestehen derzeit erhebliche Rechtsunsicherheiten. Diese drücken sich darin aus, dass Klinken vielfach von alleinstehenden Frauen fordern, eine sogenannte Garantieperson beizubringen. Die Garantieperson soll sich vor Behandlungsbeginn zur Zahlung des Unterhalts für das Kind verpflichten, falls die Mutter ausfallen sollte. Gallina: "Einige Kinderwunschkliniken machen die Behandlung bei alleinstehenden Frauen davon abhängig, dass diese sogenannte Garantiepersonen stellen. Das ist problematisch sowohl im Hinblick auf die persönliche Selbstbestimmung der alleinstehenden Frauen als auch auf die Situation der Garantiepersonen. Die bisherige Situation bedeutet Rechtsunsicherheit sowohl bei den Garantiepersonen als auch bei den Kliniken. Deshalb fordern wir den Bundesjustizminister auf, gesetzgeberische Maßnahmen für einen rechtssicheren Umgang mit geforderten Garantieerklärungen zu prüfen, und bitten die Gesundheitsministerkonferenz zu prüfen, ob es zudem einer konsistenten Regelung der Reproduktionsmedizin bedarf."
Bayerns Justizminister Georg Eisenreich, zugleich Sprecher der B-Länder: "Unsere Demokratie ist aktuell durch Feinde von innen und außen herausgefordert. Die Länder haben heute über die Parteigrenzen hinweg ein starkes Signal für den Rechtsstaat gesetzt."
Minister Eisenreich fordert effektive Werkzeuge für die Ermittlungen. Eisenreich: "Das Sicherheitspaket, das die Ampel bis zu ihrem Ende immer weiter entwertet hat, weist eklatante Schutzlücken auf." Die Konferenz stimmte für drei Verbesserungsvorschläge aus Bayern. Dazu zählen die Forderungen:
-
Rechtssichere Regelung für die Funkzellenabfrage, auch bei bandenmäßigem Betrug (gemeinsamer Antrag von Bayern, Rheinland-Pfalz, Hessen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein, Brandenburg, Berlin und des Saarlandes).
-
Zugriff auf verschlüsselte Messengerdienste wie Telegram bei der Bekämpfung von extremistischen und schweren Straftaten (gemeinsamer Antrag von Bayern, Berlin und Brandenburg).
-
Der Einsatz verfahrensübergreifender automatisierter Recherche- und Analyseplattformen auch bei der Strafverfolgung.
Die 95. Justizministerkonferenz hat sich auf Initiative von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Berlin und Brandenburg für Verbesserungen des Rückführungsverbesserungsgesetzes ausgesprochen (Aufhebung § 62d Aufenthaltsgesetz). Ziel ist es, Rückführungen zu erleichtern und Abschiebungen nicht zusätzlich zu verzögern bzw. zu erschweren.
Auf Initiative von Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg, setzt sich die Justizministerkonferenz auch für die Zukunft der Betreuung in Deutschland ein. Unnötige bürokratische Hürden für rechtliche Betreuerinnen und Betreuer sollen abgebaut werden. Eisenreich: "Es wird immer schwieriger, Menschen für dieses so wichtige Amt zu gewinnen. Betreuerinnen und Betreuer dürfen nicht durch unnötige bürokratische Hürden abgeschreckt werden."
Die 95. Justizministerkonferenz hat sich erneut auf Initiative Berlins, Bayerns und Sachsen-Anhalts für den besseren Schutz älterer Menschen vor Straftaten eingesetzt. Ältere Menschen sind insbesondere bei den Kriminalitätsphänomenen der Trickbetrugs- und Trickdiebstahlstaten grundsätzlich stärker gefährdet als jüngere Menschen. Der Bundesgesetzgeber wird daher aufgefordert, durch gesetzliche Maßnahmen für einen besseren Schutz älterer Menschen zu sorgen.
Abschließend zog Dr. Kathrin Wahlmann ein durchweg positives Fazit: "Als Vorsitzende der 95. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister bin ich mehr als zufrieden: Sowohl während der Frühjahrskonferenz in Hannover als auch jetzt in Berlin haben wir ein starkes Bild der Justiz abgegeben. Wir haben nicht nur wichtige Vorhaben auf den Weg gebracht, wir haben vor allem auch den Wert der Justiz für unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Denn wir sind es, die als Dritte Staatsgewalt für Rechtsicherheit und Rechtsfrieden sorgen."
Gleichzeitig bedankte sich die Niedersächsische Justizministerin bei den vielen Helferinnen und Helfern: "Eine solche Konferenz auf die Beine zu stellen, gelingt nur, wenn alle mit anpacken. Ein ganz großer Dank geht daher an die vielen Kolleginnen und Kollegen aus der Justiz, die sowohl die Frühjahrskonferenz in Hannover als auch die Herbstkonferenz in Berlin zu einem riesigen Erfolg gemacht haben."
Die Beschlüsse der Konferenz sind abrufbar unter www.jumiko.de.
Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".
Weitere Infos finden Sie hier
… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?