Amtsgericht Neu-Ulm
04.06.2024

Härtere Strafen für Alkohol und Drogen am Steuer, Steinewerfer und Teilnehmer illegaler Autorennen / Bayern stellt Einziehung von Fahrzeugen zur Debatte / Antrag bei der Justizministerkonferenz / Minister Eisenreich: "Das Verkehrsstrafrecht muss dringend reformiert werden. Die Teillegalisierung von Cannabis kann zu einem Anstieg schwerer Unfälle führen."

Alkohol und Drogen am Steuer, illegale Autorennen, Steinwürfe von der Autobahnbrücke: Eingriffe in den Straßenverkehr sind besonders schwere Straftaten, weil sie fatale Folgen für Menschen haben können. Die gesetzlich vorgesehenen Strafen stehen derzeit in einigen Fällen in keinem Verhältnis zum Leid der Opfer und ihrer Hinterbliebenen. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich setzt sich für eine Reform des Verkehrsstrafrechts ein, um Menschen im Straßenverkehr besser zu schützen. Eisenreich: "Vergangenes Jahr starben in Bayern im Straßenverkehr 37 Menschen bei Unfällen mit Fahrern unter Alkoholeinfluss und zehn bei Unfällen mit Fahrern unter Drogeneinfluss. Ich befürchte, dass die Teillegalisierung von Cannabis zu einem Anstieg schwerer Verkehrsunfälle führen wird. Das Verkehrsstrafrecht muss auch vor diesem Hintergrund dringend reformiert werden. Es bietet in einigen Bereichen keinen ausreichenden Schutz."

Bayern bringt dazu einen Antrag bei der Justizministerkonferenz am 5./6. Juni in Hannover ein. Minister Eisenreich setzt sich insbesondere für Verbesserungen in folgenden Bereichen ein:

  • Todesunfälle durch Rauschtäter

Der Minister: "Wenn es zu schweren Verkehrsunfällen kommt, sind nicht selten Alkohol und Drogen im Spiel." Für Aufsehen sorgte Anfang 2020 ein Täter, der in Tirol betrunken eine Gruppe deutscher Skifahrer in den Tod riss, oder im vergangenen Frühjahr ein stark alkoholisierter Autofahrer, der sieben überwiegend junge Menschen in Thüringen tötete. Fälle wie diese haben in der Öffentlichkeit eine Debatte über angemessene Strafen im Straßenverkehr ausgelöst. Eisenreich: "In solchen Fällen sieht das geltende Recht regelmäßig Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von lediglich bis zu fünf Jahren vor – sofern der Täter ohne Vorsatz gehandelt hat. Aus meiner Sicht fehlt im Strafgesetzbuch eine strafschärfende Regelung für schwerwiegende Unfallfolgen. Milde Strafen senden ein falsches Signal an potenzielle Rauschtäter, wenn Drogen und Alkohol im Spiel sind. Das muss sich ändern."

Zum Schutz der Allgemeinheit vor Rauschfahrern muss auch das Einziehen der Täter-Fahrzeuge in den Blick genommen werden. Eisenreich: "Bei Rauschfahrten fehlt dazu in Deutschland – anders als bei illegalen Autorennen – eine gesetzliche Regelung. In Italien kann das Fahrzeug hingegen bei Fahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss beschlagnahmt und versteigert werden. Wenn der Täter in den vergangenen fünf Jahren vor der Tat schon einmal wegen einer Trunkenheitsfahrt verurteilt wurde, sollte diese Möglichkeit auch bei uns diskutiert werden. Der drohende Verlust des Eigentums kann die abschreckende Wirkung erhöhen. Experten des Deutschen Verkehrsgerichtstags 2024 haben sich für eine solche Regelung ausgesprochen."

  • Illegale Autorennen mit schwerwiegenden Unfallfolgen

Allein 2023 gab es in Bayern laut Polizei 849 illegale Autorennen – leider ein neuer Höchststand. Es war wichtig, dass der Bund im Jahr 2017 auf Initiative Bayerns die Beteiligung an diesen Rennen unter Strafe gestellt hat", so Justizminister Eisenreich. Das Gesetz sieht derzeit Freiheitsstrafen bis zu zehn Jahren vor – allerdings nur, wenn der Raser sein Opfer vorsätzlich in Gefahr gebracht hat. Eisenreich: "Raser, überwiegend junge Männer, handeln vollkommen rücksichtslos und grob verkehrswidrig. Deshalb darf es für eine strafschärfende Verurteilung keine Rolle spielen, ob sie die Gefahr fahrlässig oder vorsätzlich herbeigeführt haben, wenn Menschen verletzt oder sogar getötet wurden."

  • Steinewerfer

Es kommt immer wieder zu Fällen, in denen Personen Steine oder andere Gegenstände von Brücken oder aus dem Gegenverkehr auf fahrende Autos werfen. Minister Eisenreich: "Wer Gegenstände von einer Brücke auf Autos wirft, bringt Menschen in Lebensgefahr." Gerichte werten solche Würfe teils als gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr (§ 315b StGB), auch wenn der Fahrer des getroffenen Fahrzeugs dadurch nicht in die konkrete Gefahr eines Unfalls gebracht wird. Eisenreich: "Vor dem Bundesgerichtshof haben diese Urteile regelmäßig keinen Bestand. Deshalb müssen diese Fälle rechtssicher im Gesetz als das definiert werden, was sie sind: gefährliche Eingriffe in den Straßenverkehr."

Die Justizministerkonferenz hat bereits im November 2020 u. a. auf Initiative Bayerns Vorschläge für eine Reform des Verkehrsstrafrechts vorlegt (Pressemitteilung hier abrufbar). Minister Eisenreich: "Die Vorschläge liegen auf dem Tisch. Der Bundesjustizminister ist gefordert, das Verkehrsstrafrecht zu reformieren."

Dauerausstellung Weiße Rose Saal

Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".


Weitere Infos finden Sie hier

Wussten Sie eigentlich …?

… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?