Amtsgericht Neu-Ulm
06.06.2024

Bayerns Justizminister Eisenreich: "75 Jahre Grundgesetz - Der Rechtsstaat muss wehrhaft sein und auch die Hüter unserer Verfassung entschlossen und konsequent schützen." / Aufrufe zur Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unter Strafe stellen, Schutz vor Cybermobbing und die Reform des Verkehrsstrafrechts / Initiativen aus dem Freistaat bei der Frühjahrs-Justizministerkonferenz 2024 erfolgreich / Bayerns Justizminister Eisenreich: "Jetzt ist der Bund gefordert."

Bayerns Justizminister Georg Eisenreich, zugleich Sprecher der unionsgeführten Länder (B-Seite): "Von der 95. Justizministerkonferenz gehen erneut wichtige Impulse aus. Demokratie und Rechtsstaat sind aktuell durch Feinde von innen und außen herausgefordert. Die Länder haben gemeinsam über die Parteigrenzen hinweg ein starkes Signal für einen wehrhaften Rechtsstaat gesetzt.“

Der Minister: "75 Jahre nach der Verkündung des Grundgesetzes erleben wir derzeit Entwicklungen, die eine Gefahr für unsere Demokratie darstellen. Feinde des Rechtsstaats und der Demokratie bedrohen unsere freiheitliche Gesellschaft. Der Rechtsstaat muss wehrhaft sein und auch die Hüter unserer Verfassung entschlossen und konsequent schützen. In vielen Demokratien, in denen autoritäre und extreme Parteien Einfluss gewinnen, sind die Verfassungsgerichte und die gesamte Justiz eines der ersten Ziele. In einer von der Justizministerkonferenz eingesetzten Arbeitsgruppe wurde intensiv diskutiert, wie die unabhängige Stellung des Bundesverfassungsgerichts u. a. mit einer Grundgesetzänderung besser vor Verfassungsfeinden geschützt werden könnte. Der nun vorgelegte Bericht ist ein guter Ausgangspunkt für die notwendigen Gespräche auf Bundesebene."

Der Kampf gegen Hasskriminalität, der Schutz vor den Gefahren der digitalen Welt und angemessene Strafen bei Rauschtaten im Straßenverkehr: Bayern hat bei der 95. Justizministerkonferenz am 5./ 6. Juni in Hannover mehrere Reformvorschläge erfolgreich eingebracht. Der Minister: "Ich freue mich sehr, dass unsere Vorschläge überzeugen konnten."

Die bayerischen Initiativen im Einzelnen:

  1. Öffentliche Aufrufe zur Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unter Strafe stellen

Die Konferenz setzt sich auf Vorschlag Bayerns für eine Prüfung ein, ob und unter welchen Voraussetzungen öffentliche Aufrufe zur Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung strafrechtlich geahndet werden können. Eisenreich: "Bislang sind öffentliche Aufrufe zur Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung in Deutschland für sich genommen nicht strafbar. Deshalb hat die Justizministerkonferenz den Bundesjustizminister gebeten, die Möglichkeiten für eine strafrechtliche Ahndung zu prüfen. Anlass für diesen bayerischen Antrag waren öffentliche Forderungen nach Einführung eines Kalifats. Das ist völlig inakzeptabel. Ich fordere deshalb, öffentliche Forderungen nach einem Kalifat künftig strafrechtlich zu ahnden – je nach Fall auch mit Freiheitsstrafe."

  1. Schutz vor Cybermobbing und Einschüchterung von Regimekritikern im Auftrag fremder Staaten

Kompromittierende Fotos, Schikanen und Lügen: Cybermobbing ist ein weit verbreitetes Phänomen mit teils gravierenden Auswirkungen für die Opfer. Auf Initiative Bayerns fordert die 95. Justizministerkonferenz den Bund auf, wichtige Reformen zum Schutz der Menschen vor neuen Gefahren der digitalen Welt zu prüfen. Eisenreich: "Dazu zählt ein besserer Schutz vor Cybermobbing. Mobbing und Cybermobbing können bei Betroffenen zu enormen psychischen und auch körperlichen Schäden führen – in Einzelfällen bis hin zu Suizid. Es kann jeden treffen. Besonders gefährdet sind Kinder, Jugendliche und Frauen. Das Ausmaß von Cybermobbing und die dadurch hervorgerufenen Beeinträchtigungen für Betroffene werden durch das geltende Recht nicht angemessen erfasst. Opfer müssen besser geschützt werden." Der Bundesjustizminister wird zudem gebeten, eine strafschärfende Regelung für Einschüchterungen von Oppositionellen durch autokratische Staaten in Deutschland zu prüfen.

  1. Reform des Verkehrsstrafrechts

Die Teillegalisierung von Cannabis wird nach Einschätzung von Justizminister Eisenreich auch zu einem Anstieg schwerer Verkehrsunfälle führen. Bayern setzt sich seit vielen Jahren für eine umfassende Reform des Verkehrsstrafrechts ein, um Menschen im Straßenverkehr besser zu schützen.

Eisenreich: "Das Verkehrsstrafrecht muss dringend reformiert werden. Die gesetzlich vorgesehenen Strafen stehen derzeit in einigen Fällen in keinem Verhältnis zum Leid der Opfer und ihrer Hinterbliebenen. Wir wollen Menschen auch vor diesem Hintergrund besser im Straßenverkehr schützen. Ich fordere u. a. härtere Strafen bei Rauschfahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss, bei denen Menschen ums Leben kommen."

Die Justizministerkonferenz bittet den Bundesjustizminister, Vorschläge für strafschärfende Regelungen bei Fahrten unter Alkohol- und Drogeneinfluss mit schwerwiegenden Unfallfolgen vorzulegen.

Eisenreich: "Das Verkehrsstrafrecht bietet in einigen Fällen keinen ausreichenden Schutz. Das wollen wir ändern."

Eine weitere Pressemitteilung zur Reform des Verkehrsstrafrechts ist hier abrufbar.

  1. Kampf gegen illegales Cybertrading: Aufbau einer zentralen Informationsplattform

Der klassische Anlagebetrug findet heutzutage vor allem in der digitalen Welt statt. Betrügerisches Cybertrading verbreitet sich rasant im Internet und verursacht bei den Opfern allein in Deutschland pro Jahr Schäden im Milliardenbereich. Die Justizministerkonferenz wirbt – auf Vorschlag von Bayern bei Mitantragstellung von Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Brandenburg und des Saarlandes – für eine zentrale Informationsplattform beim Bundeskriminalamt über Ermittlungsverfahren zum illegalen Cybertrading. Eisenreich: "Hinter dem betrügerischen Cybertrading steht die Organisierte Kriminalität. Kriminelle verfügen über internationale Geldwäschesysteme, psychologisch geschultes Personal und grenzüberschreitend agierende Hintermänner. Die Ermittlungen sind äußerst komplex. Bislang werden die Informationen bundesweit zu wenig zusammengeführt. Auf einer Informationsplattform beim Bundeskriminalamt könnten Zusammenhänge zwischen verschiedenen Trading-Plattformen und Tatkomplexen frühzeitig erkannt und so aufgedeckt werden.

Weitere Pressemitteilungen zum illegalen Cybertrading sind hier, hier und hier abrufbar.

  1. Angemessene Honorierung häuslicher Pflegeleistungen

Mehr als vier Millionen Menschen werden in Deutschland zu Hause gepflegt. Der Minister: "Ich danke allen pflegenden Angehörigen für ihren großartigen Einsatz." Ehepartner, Lebensgefährten oder Schwiegertöchter und -söhne haben derzeit keinen gesetzlichen Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich im Erbfall. Die Justizministerkonferenz fordert auf Vorschlag Bayerns unter Mitantragstellung von Mecklenburg-Vorpommern und des Saarlandes eine Änderung im Erbrecht. Eisenreich: "Wir wollen eine stärkere Anerkennung für häusliche Pflege. Dies muss im Bürgerlichen Gesetzbuch klar geregelt werden, sei es als Vermächtnis oder in anderer Form wie etwa als Nachlassverbindlichkeit."

  1. Forschung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Justiz erleichtern

Die Justizministerkonferenz setzt sich auf Initiative Bayerns, bei Mitantragstellung von Hessen, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt, dafür ein, die Forschung für den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Justiz zu erleichtern. Eisenreich: "Die bayerische Justiz erprobt den Einsatz von Künstlicher Intelligenz in mehreren Bereichen, beispielsweise zur Entlastung der Gerichte bei Massenverfahren wie Dieselklagen. Bei unseren Forschungsprojekten stoßen wir aber auf urheberrechtliche Hürden." Unklar ist etwa, ob anwaltliche Schriftsätze in gemeinsamen KI-Projekten an Hochschulen oder andere Einrichtungen überlassen werden können, um sie für die Entwicklung von KI-Anwendungen auszuwerten (sogenanntes "Text- und Data-Mining"). Eisenreich: "Wir brauchen Forschung zu KI. Dazu brauchen wir eine Klarstellung im nationalen Urheberrecht."

Pressemitteilungen zu den KI-Projekten der Justiz sind abrufbar unter

Die Bilanz des bayerischen Justizministers: "Die Justizministerkonferenz bleibt eine wichtige rechtspolitische Ideenschmiede. Unsere Vorschläge liegen auf dem Tisch. Jetzt ist der Bund gefordert."

Die Beschlüsse der Konferenz sind abrufbar unter www.jumiko.de

Dauerausstellung Weiße Rose Saal

Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".


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Wussten Sie eigentlich …?

… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?