Bayern setzt auf "BigPhish" im Kampf gegen Phishing von sensiblen Bankdaten / Justizminister Georg Eisenreich und niederländische Forschungsgesellschaft TNO unterzeichnen Kooperationsvereinbarung zur Pilotierung des neuen Tools / Justizminister Eisenreich: "'BigPhish' ist ein weiterer Baustein im Kampf gegen Cybercrime."
"Bitte aktualisieren Sie Ihre Zugangsdaten. Ihr Konto wurde vorübergehend gesperrt.": Mit solchen oder ähnlichen Mails oder SMS greifen Täter Passwörter und Geheimzahlen zu Konten ab. Die sensiblen Daten werden an andere Kriminelle verkauft oder Konten direkt geleert. Die bayerische Justiz verstärkt ihre Strukturen für den Kampf gegen Cybercrime kontinuierlich. Zum Schutz von Bankkunden vor Phishing (englische Wortschöpfung für das betrügerische Abgreifen von Daten) pilotiert die bayerische Justiz das Tool "BigPhish", das frühzeitig neu-registrierte Phishing-Domains im Internet aufspüren soll. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich hat dazu heute (19. Juni) gemeinsam mit Patrick de Graaf von der renommierten niederländischen Forschungsgesellschaft Netherlands Organization for Applied Scientific Research TNO (TNO) eine Kooperationsvereinbarung im Münchner Justizpalast unterzeichnet. Minister Eisenreich: "84 Prozent aller betrügerischen E-Mails dienten laut Lagebericht 2023 des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik dazu, Authentisierungsdaten von Kunden, insbesondere Bankkunden, zu erbeuten. Täter setzen schon heute Künstliche Intelligenz bei Phishing-Angriffen ein, um ihre Täuschungsmethoden noch weiter zu perfektionieren. Dadurch wächst die Gefahr, Opfer von Cyberkriminellen zu werden."
Seit 2015 ermittelt die Zentralstelle Cybercrime Bayern (ZCB) bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg in herausgehobenen Verfahren im Bereich Cyberkriminalität. Um sich für die Ermittlungen technisch noch besser zu rüsten, arbeiten die Cybercrime-Spezialisten aus Bamberg in einem weiteren Bereich mit der niederländischen Forschungsgesellschaft TNO zusammen: Nach der gemeinsamen Weiterentwicklung des Dark Web Monitor (einer Suchmaschine für das Darknet) pilotieren sie nun gemeinsam das Tool "BigPhish", das frühzeitig Phishing-Domains im Internet aufspüren soll. Das von TNO entwickelte Tool wurde bereits in einem Ermittlungsverfahren der ZCB getestet. Der Minister: "Nach den Erkenntnissen von TNO sind solche betrügerischen Seiten meist nur 24 Stunden online. Wenn ein geschädigter Bankkunde Anzeige erstattet, ist es oftmals bereits zu spät und die Täter können nicht mehr ermittelt werden."
Das Tool "BigPhish" soll Ermittlerinnen und Ermittlern schnellstmöglich Informationen zur Phishing-Domain zur Verfügung stellen, insbesondere die IP-Adresse und den Provider des Servers, auf dem die Phishing-Webseite registriert ist. Ein weiterer Vorteil: Das Tool enthält eine Datenbank zu älteren Phishing-Webseiten. Damit kann die ZCB Ermittlungsansätze zu bereits abgeschalteten Seiten erlangen und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Fällen herstellen. Eisenreich: "Das Tool 'BigPhish' ist ein weiterer Baustein im Kampf gegen Cybercrime. Beim Testlauf konnte die ZCB feststellen, dass zahlreiche Phishing-Webseiten auf ausländischen Servern registriert sind. Das erschwert die Ermittlungen und verhindert oft zeitnahe Maßnahmen, wie ein Abschalten der Webseite. Mit dem neuen Tool 'BigPhish' sollen künftig automatisierte Warnungen für mögliche Opfer gleich beim ersten Aufruf der Webseite schneller möglich werden."
Patrick de Graaf von TNO: "The fight against cybercrime and serious crime is an ongoing battle between offenders and law enforcement. To be effective, law enforcement needs at least continuously awareness of the emergence and misuse of new (digital) technologies and a good understanding of the cybercrime ecosystem and its complex international business crime cases. These valuable insights offer perspective for action.
For years, TNO has been extending its knowledge and technology base, to be able to develop new tools that support the police and public prosecutor’s office in the combat against cybercrime and serious crime. TNO's strength lies in identifying new threats at an early stage and developing solutions which offer the required intelligence. Based on successful operational results in recent years with the Dark Web Monitor, we now broaden the cooperation with Bavarian State Ministry of Justice to combat phishing with BigPhish. BigPhish is initiated by TNO and translated into operational law enforcement technology together with our industry partner CFLW Cyber Strategies.
This continuous cooperation between science, industry and public institutions shows how meaningful innovations lead to operational improvement for law enforcement. Furthermore, as cybercrime is an international problem, international cooperation such as between the Bavarian State Ministry of Justice and TNO is a necessarily ingredient for making our digital society safe."
Bayerns Justizminister rät Bürgerinnen und Bürgern: "In der Vergangenheit waren Phishing-Mails oft an Rechtschreibfehlern, fehlenden Umlauten oder fehlender persönlicher Anrede zu erkennen. Mithilfe von Künstlicher Intelligenz sind Phishing-Mails heute professionalisiert und vor allem oftmals individualisiert. Seien Sie deshalb misstrauisch, wenn sensible Daten abgefragt werden, überprüfen Sie die Adresse des Absenders genau, achten Sie auf verdächtige Links und kontaktieren Sie zunächst Ihre Bank, bevor Sie sensible Daten eingeben."
Hintergrund zu Bayerns Cybercrime-Spezialisten und innovativen Ermittlungsinstrumenten:
Die bayerische Justiz geht entschlossen gegen Cybercrime vor und hat bereits im Jahr 2015 die Zentralstelle Cybercrime Bayern bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg gegründet. In den vergangenen Jahren hat sich die ZCB an der Fortentwicklung innovativer Ermittlungswerkzeuge beteiligt, wie beispielsweise dem Dark Web Monitor: Die Suchmaschine für das Darknet, die ebenfalls mit den Spitzenforschern von TNO weiterentwickelt wurde, hat sich als äußerst wertvoll beispielsweise im Bereich von Ermittlungen wegen Kinderpornografie erwiesen. Der Kooperationsvertrag wurde im Juli 2020 unterzeichnet (Pressemitteilung hier abrufbar).
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Im Juni 2022 wurde eine Kooperation zwischen dem Bayerischen Justizministerium, TNO und den Wiener Blockchain-Spezialisten des Complexity Science Hub Vienna (CSH) geschlossen: Mit dem Analyse-Tool "GraphSense" kann die ZCB besser der Spur des Geldes folgen, wenn z. B. für Kinderpornografie mit Bitcoins gezahlt wird (Pressemitteilung hier abrufbar).
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Zudem entwickelt die bayerische Justiz seit August 2023 mit dem AIT Austrian Institute of Technology in Wien den sogenannten "Fake-Shop Detector" weiter. Das Tool soll auf die besonderen Anforderungen der Strafverfolgungsbehörden zugeschnitten werden und setzt Künstliche Intelligenz gegen Fake Shop-Betrug ein (Pressemitteilung hier abrufbar).
Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".
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… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?