Amtsgericht Neu-Ulm
27.06.2024

Kampf gegen Hass und Hetze / Gemeinsame Veranstaltung von Bayerischem Bündnis für Toleranz, bayerischem Justizministerium und Bayerischer Landeszentrale für neue Medien / Justizminister Eisenreich: "Hasskriminalität muss entschlossen und konsequent bekämpft werden. Das ist eine wichtige Aufgabe des Staates und der gesamten Gesellschaft."

Religionsgemeinschaften, Ministerien, Verbände, Kommunen, Theater und Stiftungen: Mehr als 90 Organisationen und Institutionen kämpfen gemeinsam im Bayerischen Bündnis für Toleranz gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. Ein Schwerpunkt in diesem Jahr ist der Einsatz gegen Hass und Hetze im Netz. Das Bündnis hat heute (27. Juni) mit dem bayerischen Justizministerium und der Bayerischen Landeszentrale für neue Medien (BLM) zu einer Veranstaltung in den Münchner Justizpalast eingeladen. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Hass und Hetze haben im Internet ein erschreckendes Ausmaß angenommen und durch den Terror-Angriff der Hamas auf Israel im vergangenen Oktober und den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine neuen Nährboden erhalten. Der Kampf gegen Hasskriminalität muss entschlossen und konsequent geführt werden. Das ist eine wichtige Aufgabe des Staates und der gesamten Gesellschaft."

Dies unterstrich auch der Geschäftsführer des Bündnisses Dr. Philipp Hildmann: "Wir können uns dem gefährlichen Trend, die Grenzen des Anstands und des Tolerierens anderer Standpunkte im digitalen Raum zunehmend zu überschreiten, nur zusammen entgegenstemmen. Wir alle sind zu wertvoll für Hass – dieser Botschaft wollen wir als Bündnis Nachdruck verleihen und gemeinsam mit unseren Partnern konkrete Strategien gegen Hate Speech entwickeln."

Dr. Thorsten Schmiege, Präsident der BLM: "Hass-Postings gefährden den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft, unsere Demokratie und Freiheit. Das ist eine Entwicklung, die wir als Medienaufsicht nicht akzeptieren dürfen. Wir gehen dagegen auf verschiedenen Wegen vor: im Rahmen unserer Aufsicht im Jugend- und Nutzerschutz mit Unterstützung von KI, mit Maßnahmen zur Extremismusprävention und mit Medienkompetenz-Vermittlung."

Expertinnen und Experten aus Politik, Medienaufsicht, Strafverfolgung, Medienforschung und Zivilgesellschaft diskutierten u.a. das Ausmaß, die Forschungslage und mögliche Strategien gegen Hate Speech. An der von Franziska Eder (Bayerischer Rundfunk) moderierten Podiumsdiskussion beteiligten sich:

  • Josephine Ballon, Geschäftsführerin HateAid gGmbH,

  • David Beck, Staatsanwalt und Hate-Speech-Beauftragter der Bayerischen Justiz,

  • Ahmed Gaafar, Leiter der Meldestelle "REspect! Gegen Hetze im Netz",

  • Prof. Dr. Thomas Knieper, Vorstandsvorsitzender Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis (JFF), und

  • BLM-Präsident Dr. Thorsten Schmiege.  

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion stand ein Besuch der Dauerausstellung "Willkür im Namen des Deutschen Volkes" auf dem Programm. Im Zentrum der Ausstellung steht Raum 253, der Sitzungssaal, in dem am 19. April 1943 der zweite Prozess des Volksgerichtshofs gegen 14 Angeklagte der "Weißen Rose" stattfand. Eisenreich: "Derzeit erleben wir bewusste Grenzüberschreitungen und Straftaten, die sich zu einer echten Gefahr für die Demokratie entwickeln. Staat und Gesellschaft müssen unser Grundgesetz gegen Verfassungsfeinde jeglicher Art verteidigen. Das Bayerische Bündnis für Toleranz tritt für den Schutz von Demokratie und Menschenwürde ein. Hierzu leistet es insbesondere durch die Organisation von Veranstaltungen einen wichtigen Beitrag."

Hintergrund:

Die bayerische Justiz geht mit einem Bündel an Maßnahmen gegen Hasskriminalität vor – und hat frühzeitig schlagkräftige Ermittlungsstrukturen geschaffen.

  • Deutschlands erster Hate Speech-Beauftragter: Im Januar 2020 wurde Deutschlands erster Hate Speech-Beauftragter vom bayerischen Justizminister bei der Generalstaatsanwaltschaft München, Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET), zentral für ganz Bayern bestellt. Parallel dazu wurden Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hate Speech bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften eingerichtet.

  • Zentraler Antisemitismus-Beauftragter: Seit Oktober 2021 hat die bayerische Justiz neben den drei regionalen Antisemitismus-Beauftragten in München, Nürnberg und Bamberg einen Zentralen Antisemitismus-Beauftragten mit Oberstaatsanwalt Andreas Franck, der ebenfalls bei der ZET angesiedelt ist (Pressemitteilung hier abrufbar).

  • Zur effektiven Bekämpfung von Hate Speech hat das bayerische Justizministerium spezielle Online-Meldeverfahren für Online-Straftaten mit verschiedenen Kooperationspartnern eingerichtet.:

  • Gemeinsam mit der BLM hat Staatsminister Eisenreich am 21. Oktober 2019 das Projekt "Justiz und Medien – konsequent gegen Hass" ins Leben gerufen – "Erst anzeigen, dann löschen." Bereits 120 Medienunternehmen unterstützen die Initiative aktuell, 86 nehmen aktiv teil.

  • Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sowie Abgeordnete des Landtages, des Bundestages und des Europaparlaments: Sie können seit September 2020 in einem Online-Meldeverfahren schnell und einfach Anzeigen und Prüfbitten an die Generalstaatsanwaltschaft München übermitteln. Bis Anfang Mai 2024 haben insgesamt 189 Amts- und Mandatsträger einen Zugang zum Verfahren erhalten.

  • Für Online-Straftaten mit antisemitischem Hintergrund wurde 2021 ein Meldeverfahren bei der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Bayern (RIAS Bayern) eingerichtet.

  • Mit der Münchner Fachstelle "Strong!" kooperiert die Justiz seit Oktober 2022. Betroffene von queerfeindlicher Hate Speech erreichen das Meldeverfahren über www.strong-community.de.

  • Eine weitere Meldemöglichkeit besteht im Rahmen der gemeinsamen Kooperation des Justizministeriums sowie des Innen- und Sozialministeriums mit dem Sozialministerium Baden-Württemberg bei der baden-württembergischen Meldestelle "REspect!". Unter www.meldestelle-respect.de können alle Bürgerinnen und Bürger Hate Speech einfach online anzeigen und eine Beratung erhalten. Allein in diesem Jahr sind bis Ende Mai schon fast 5.000 (4.962) Meldungen mit Bezug zu Bayern eingegangen.

  • Den Bürgerinnen und Bürgern in Bayern stehen Links und Informationen zu allen Angeboten der Staatsregierung rund um das Thema Hate Speech zur Verfügung unter www.bayern-gegen-hass.de.

Dauerausstellung Weiße Rose Saal

Ihren Mut zur Freiheit haben die Geschwister Scholl und vier ihrer Freunde mit dem Leben bezahlt. Wohin es führen kann, wenn die Dritte Gewalt im Staate ihre Unabhängigkeit verliert, zeigt die Dauerausstellung Willkür "Im Namen des Deutschen Volkes".


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Wussten Sie eigentlich …?

… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?