Reformkommission "Zivilprozess der Zukunft" / Auftaktveranstaltung im Bundesministerium der Justiz
Am 4. und 5. Juli 2024 findet im Bundesministerium der Justiz die Auftaktveranstaltung der Bund-Länder-Reformkommission "Zivilprozess der Zukunft" statt. Die Kommission wird das zivilprozessuale Verfahrensrecht vor dem Hintergrund der fortschreitenden Digitalisierung überprüfen und bis Ende 2024 Vorschläge für einen Zivilprozess der Zukunft erarbeiten. Die Justizministerinnen und Justizminister von Bund und Ländern hatten die Einsetzung der Reformkommission auf Initiative Bayerns auf dem Dritten Bund-Länder-Digitalgipfel im November 2023 beschlossen.
Bundesjustizminister Dr. Marco Buschmann erklärt: "Der Rechtsstaat darf nicht den Anschluss an die technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen verlieren. Auch der Zivilprozess sollte der Lebenswirklichkeit unserer Bürgerinnen und Bürger entsprechen. Das stärkt seine Akzeptanz. Im Rahmen der Digitalisierungsinitiative für die Justiz bündeln Bund und Länder ihre Kräfte. Ich bin mir sicher, dass auch die gemeinsame Reformkommission zur Entwicklung des Zivilprozesses der Zukunft uns weitere wichtige Impulse liefern wird."
Der Bayerische Staatsminister der Justiz Georg Eisenreich erklärt: "Wir wollen den Zugang zu unseren Gerichten so einfach wie möglich gestalten und effiziente Verfahren bei hoher Qualität für alle Prozessbeteiligten. Dazu müssen die Chancen der Digitalisierung konsequent genutzt werden. Für die Digitalisierung der Justiz ist auch die Modernisierung von Bundesgesetzen notwendig. Der bestehende gesetzliche Rahmen ist noch viel zu oft ein Hemmschuh und muss an vielen Stellen angepasst werden. Wir brauchen mehr Tempo bei den notwendigen Reformen. Deshalb setze ich große Erwartungen in diese Kommission."
Die Hamburger Justizsenatorin Anna Gallina erklärt: "Es ist eine große Errungenschaft und ein Privileg, sich zivilisiert streiten zu können. Der vor staatlichen Gerichten geführte Zivilprozess garantiert, dass im Konfliktfall nicht das Recht des Stärkeren zählt, sondern das Gesetz zur Geltung kommt. Jede Bürgerin, jeder Bürger sollte dieses Vertrauen heute und auch in Zukunft in unsere Ziviljustiz haben. Auch benachteiligten Gruppen muss ein einfacher Zugang zur Ziviljustiz gegeben sein. Die Vision ist ein Zivilprozess, der trotz großer Herausforderungen unserer Zeit den Erkenntnissen der Wissenschaft entspricht und den Bedürfnissen aller Rechtssuchenden sowie der Justiz gerecht wird."
Auftrag und Zielsetzung der Reformkommission
Die Modernisierung des Zivilprozesses ist die Voraussetzung dafür, es für Bürgerinnen und Bürger attraktiv zu machen, ihre Streitigkeiten untereinander vor deutschen Zivilgerichten auszutragen. Denn die Eingangszahlen bei den Zivilgerichten sind schon seit längerer Zeit rückläufig. Nach den Ergebnissen einer vom Bundesministerium der Justiz beauftragten Studie aus dem vergangenen Jahr liegt ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung darin, dass Rechtsschutzsuchende den Zivilprozess verbreitet als zu komplex und zu zeitaufwendig empfinden. Es besteht also dringender Reformbedarf.
Wesentlicher Schlüssel dafür, dass die Ziviljustiz sich als zeitgemäßes und attraktives Angebot für die Streitbeilegung präsentieren kann, ist die konsequente Digitalisierung. In der laufenden Legislaturperiode wurden hier schon Fortschritte erzielt, z.B. mit dem Gesetz zur Förderung des Einsatzes von Videokonferenztechnik in der Zivilgerichtsbarkeit. Auch haben die Länder in den vergangenen Jahren wichtige Projekte u. a. beim elektronischen Rechtsverkehr, bei den Videoverhandlungen und auf dem Weg zur umfassenden Einführung der E-Akte umgesetzt.
Die Aufgabenstellung der Reformkommission ist es nun, die Regelungen zum Zivilprozess noch einmal grundlegend und mit breitem Blick auf weiteren Anpassungsbedarf und weiteres Digitalisierungspotenzial zu untersuchen.
Arbeitssitzungen der Kommission
Der Bayerische Staatsminister der Justiz, Georg Eisenreich, die Senatorin für Justiz und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg, Anna Gallina, und der Parlamentarische Staatssekretär beim Bundesminister der Justiz, Benjamin Strasser, werden die heutige Auftaktsitzung der Kommission mit Grußworten eröffnen. In dieser sollen die Erwartungen an den Zivilprozess der Zukunft, die Verfahrensgrundsätze und Prozessmaximen sowie generelle Gesichtspunkte eines KI-Einsatzes in der Ziviljustiz diskutiert werden, um so ein Leitbild für den Zivilprozess der Zukunft zu entwickeln. Hierzu werden Frau Prof. Dr. Meller-Hannich, Herr Prof. Dr. Althammer und Frau Prof. Dr. Paschke mit Impulsreferaten in die jeweilige Thematik einführen.
In den folgenden Arbeitssitzungen der Kommission, im September in Hamburg und im Oktober in München, werden einzelne Themenkomplexe und Reformansätze vorgestellt und diskutiert werden:
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Leichterer Zugang von Bürgerinnen und Bürgern zur Justiz, etwa über ein zentrales Justizportal.
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Zeitgemäße digitale Kommunikationswege, etwa über Plattformlösungen.
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Bessere Strukturierung des Prozessstoffs und des Verfahrens.
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Neue Verfahrensarten, wie ein leicht zugängliches Online-Verfahren.
Der Abschlussbericht der Kommission mit Vorschlägen für einen Zivilprozess der Zukunft ist für Ende 2024 vorgesehen.
Mitglieder der Reformkommission
Die Leitung der Kommission haben das Bundesministerium der Justiz, das Bayerische Staatsministerium der Justiz und die Behörde für Justiz und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg inne. In der Kommission sind der Bund und alle Länder vertreten. Weitere Mitglieder der Kommission sind Vertreterinnen und Vertreter aus der Wissenschaft, des Bundesgerichtshofs, der Präsidentinnen und Präsidenten der Oberlandesgerichte, des Deutschen Richterbundes, der Bundesrechtsanwaltskammer, des Deutschen Anwaltvereins, des Legal Tech Verbandes und des EDV-Gerichtstages.
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… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?