Amtsgericht Neu-Ulm
06.02.2025

Gedenktafel für Dr. Joseph Schäler im Ausbildungszentrum CampusJustiz München / Bayerische Justiz erinnert an ermordeten jüdischen Juristen / Feierliche Enthüllung mit Dr. h.c. Charlotte Knobloch und Justizminister Georg Eisenreich

Für 216 jüdische Bedienstete der bayerischen Justiz und der Notariate begann 1933 ein Leidensweg der Entrechtung. Die bayerische Justiz hält die Erinnerung an die Opfer des NS-Unrechtsregimes auf vielfältige Weise wach. Einen Beitrag dazu sollen Gedenktafeln für jüdische Justizangehörige in allen drei Oberlandesgerichtsbezirken leisten.

Mit einer Gedenktafel hält die bayerische Justiz die Erinnerung an den Münchner Oberamtsrichter Dr. Joseph Schäler wach. Der engagierte jüdische Jurist wurde im März 1943 im Konzentrationslager Auschwitz ermordet. Seit gestern (5. Februar) erinnert eine Gedenktafel im Münchner Ausbildungszentrum CampusJustiz an seinen Leidensweg. Bayerns Justizminister Georg Eisenreich: "Joseph Schäler war ein Mann, der sein Leben in den Dienst des Rechts gestellt hat. Im Dritten Reich wurde er selbst jeglicher Rechte beraubt und feige von den Nationalsozialisten ermordet. Nur, weil er jüdischen Glaubens war. Die menschenverachtende Pervertierung des Rechtsstaats in der NS-Zeit mahnt uns alle, dass wir Menschenrechte, Frieden und Freiheit Tag für Tag verteidigen müssen."

Zu den vielen prominenten Gästen der Gedenkstunde gehörten u. a. die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern Dr. h.c. Charlotte Knobloch, der Präsident des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs Dr. Hans-Joachim Heßler und der Zentrale Antisemitismusbeauftragte der bayerischen Justiz, Oberstaatsanwalt Andreas Franck. Den Festvortrag hielt der Historiker Dr. Reinhard Weber, Autor des Buchs "Rechtsnacht", in dem er das Schicksal der jüdischen Bediensteten in der bayerischen Justiz nachzeichnet.

Justizminister Eisenreich: "Der CampusJustiz ist der richtige Ort, um an Dr. Joseph Schäler zu erinnern. Er hat sich vorbildlich um junge Juristen gekümmert und sie im Bereich Vormundschafts- und Nachlasswesen ausgebildet. Dieser Ort soll unseren juristischen Nachwuchs daran erinnern, dass wir in Deutschland eine besondere historische Verantwortung tragen. Der NS-Unrechtsstaat und die menschenverachtenden Verbrechen waren auch deshalb möglich, weil sich nicht wenige Juristen, die eigentlich Recht und Gesetz verpflichtet waren, in den Dienst des Regimes gestellt haben. Alle Juristen müssen aus dem dunkelsten Kapitel unserer Vergangenheit und dem beispiellosen Zivilisationsbruch lernen."

Die Zahl antisemitischer Straftaten in Bayern, Deutschland und Europa steigt seit langem. Eisenreich: "Deutschland und die Welt erleben nach dem 7. Oktober 2023 die schlimmste Welle von Antisemitismus seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Es ist unsere Verantwortung, dass sich Jüdinnen und Juden in Bayern sicher fühlen können. Deshalb setzen wir heute erneut ein Zeichen: Wir stehen unverbrüchlich an der Seite der jüdischen Bürgerinnen und Bürger."

Hintergrund: Dr. Joseph Schäler

Dr. Joseph Schäler (1885-1943) ist einer von insgesamt 216 jüdischen Bediensteten der bayerischen Justiz und Notariate, für die im Jahr 1933 ein grausamer Weg der Entrechtung begann. Dr. Schäler war wegen seiner Verdienste als Lazarettinspektor im Zweiten Bayerischen Armeekorps im Ersten Weltkrieg zwei Mal ausgezeichnet worden. Er war zugleich jahrelang in der Israelitischen Kultusgemeinde München engagiert. Im Zuge der Reichspogromnacht wurde er vom 10. bis 25. November 1938 zunächst als "Funktionshäftling" im KZ Dachau inhaftiert. Seinen beiden Kindern Hannah und Albert Max gelang im Februar 1939 die Flucht per Kindertransport nach England. Am

13. März 1943 wurde Dr. Schäler als stellvertretender Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde München gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth nach Auschwitz deportiert und vier Tage später ermordet.

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… dass die Fachgerichtsbarkeiten, d.h. die Verwaltungs-, Arbeits-, Sozial- und Finanzgerichte in Bayern nicht zum Justizressort, sondern zum Geschäftsbereich der jeweiligen Fachministerien gehören?